Archiv der Kategorie: Geschichten

Bolle, Badel und Bormann

Vor nicht allzu langer Zeit lud mich der Pankower Künstler und Zeichner Christian Badel in sein Atelier in der Pestalozzistraße ein. Herr Badel ist nicht nur Künstler, er interessiert sich ganz besonders für das historische Pankow.

Christian Badel, Florakiezfest 2017

Nachdem er mich durch das ehemalige Intrac-Gebäude führte, in dem sich sein Atelier befand, behielten wir den Kontakt bei. Seither hat Christian schon die ein oder andere einzigartige Illustration für unsere Geschichten gezeichnet.

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Gemeinschaftsarbeit Badel u. Bormann Geschichten aus Schönholz 2017, Illustration Badel

Auch die letzten Heide-Geschichten aus Schönholz wären ohne seine Bilder nicht die selben. In Zukunft werden hoffentlich noch viele unserer Geschichten mit seinen histostorischen Illustrationen geschmückt.

Christian Bormann unter dem Luna Lager Schönholz 2017

Gern bin ich als Historiker mit ihm auf den Spuren des alten Pankow’s unterwegs. Unter der Kategorie: „Illustration Christian Badel“ werden ab heute alle Geschichten mit seinen Illustrationen auf einen Blick angezeigt. Diese Woche bekam ich meine Neugestaltung des Bolle-Bilds vom ihm. Ich habe nicht schlecht gestaunt. Die einzelnen Bildelemente weisen mit Ausnahme der Flugzeuge am Himmel alle auf einzelne Geschichten auf Pankowerchronik.de hin.

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Neuauflage des historischen Bolle-Bildes von Christian Badel 2017

Um mal einige kleine Beispiele zu nennen, beginnen wir mit dem roten Ballon rechts oben im Bild. Hierhinter verbirgt sich der Hinweis auf unsere Geschichte zu einer der ersten Ballonfahrten der Welt durch Blanchard, der mit diesem in Karow auf dem Ballonplatz landete. Das von mir wiederentdeckte Rettschlag-Tor, sowie das alte Schloss Schönholz und das Riesenrad, welches einst im Traumland Schönholz stand, sind ebenfalls abgebildet. Das Bild lädt den Betrachter ein, Element für Element zu ergründen und die dazugehörige Geschichte auf unserer Seite zu finden. Auch für den geübten Pankower kein leichtes Unterfangen bei inzwischen über 150 Geschichten.

Geschichte: Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, – Wer war Bolle?

Autor: Christian Hintze: 01.10.2017

red. Bearbeitung: Martina Krüger, 01.10.2017

Foto: Christian Bormann

Illustration: Christian Badel 2017, www.kikifax.com

Die Bunker in der Schönholzer Heide

Am bekanntesten ist der oberirdische Heide-Bunker auch Luna-Bunker genannt. Er liegt an der Hermann-Hesse-Straße zwischen Paul-Zobel-Sportplatz und der Schießanlage Schloss Schönholz.

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Luftbild Luna-Lager 1943

Ursprünglich zum Schutz der Pankower Bevölkerung vor Fliegerangriffen gedacht, hatte er als Schutzbunker schnell ausgedient. Aufgrund der massiven Zunahme der Vergeltungsangriffe auf Berlin wurden eiligst Schutzräume in den Kellern der Berliner Mietskasernen angelegt.

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Luna-Bunker 2016

Aus dem Heide-Bunker wurde jetzt ein Nachrichtenbunker. Hiervon zeugt noch heute ein massiver Ankerring für den Funkmast.

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Ringanker vom Funkmast

Der Bunker steht auf dem ehemaligen „Luna Park“-Nachfolger Vergnügungspark „Traumland in Schönholz“. Daher auch die Bezeichnung Luna-Bunker.

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Luna-Bunker 2016

Im Juni 2016 gelangen mir Innenaufnahmen im verschlossenen Bunker. Am Ende des Beitrags ist der Link zum 6 minütigen Video.

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Eingang zum Luna-Bunker

Der gesamte Bereich „Traumland“ wurde in den 1940er Jahren zum Friedhof 6 und Barackenlager für Zwangsarbeiter.

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Zwangsarbeiter vor ihren Baracken im Luna-Lager 1943

Auch das Schloss Schönholz und die Thiemann’schen Festsäle vor Schönholz beherbergten Zwangsarbeiter, die unter anderem bei Bergmann Borsig und in den Argus Motorenwerken arbeiteten.

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Wach- und Geschützbunker Schönholz 2014

Das Lunalager, wie die Pankower das Zwangsarbeiterlager nannten, wurde militärisch gesichert und bewacht. Die entsprechenden Erdbunker bzw. Geschütztürme mit ihren Schießscharten Richtung Heide existieren heute noch südlich und nördlich der Straße vor Schönholz.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Turm Eins befand sich zwischen Sperrgebiet der innerdeutschen Grenze und einer nicht mehr existenten Kleingartenanlage, Turm Zwei stand auf einem privaten Hofgrundstück direkt an der Heide. Vor der Öffentlichkeit verborgen überdauerten Sie die Zeit.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Der Heide Bunker ist heute Zankapfel zweier Glaubenslager.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Da sind jene, die den Bunker als Erinnerung der Schande am liebsten heute noch selbst abreissen wollen und andere, die den Bunker als Mahnmal erhalten möchten.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Ich selbst sehe keinen Grund, hunderttausende von Euros zu verbrennen, um ein Bauwerk zu vernichten, das niemanden stört, Neugierige nach Schönholz lockt und dazu einlädt, sich mit Pankows Geschichte zu beschäftigen.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Bunker Zwei hat keinen eigenen Namen, da es ihn bis heute nur gerüchteweise gab.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Bei meinen Recherchen zum Luna Bunker stieß ich in einem NVA-Forum auf die Aussagen von Ex-Militärs. Diesem Personenkreis zufolge sollte es am Ende von Friedhof 6 einen weiteren unbekannten Bunker geben.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Es dauerte einige Jahre bis das Gerücht zur Gewissheit wurde und ein Blick auf die Außenwände möglich war.

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Luna-Bunker, Juni 2016

Belege für die Existenz von Bunker Zwei ließen sich bis 2016 nicht finden. Friedhof 6 wurde direkt hinter dem Sportplatz für innerstädtische Bombenopfer angelegt.

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Friedhof 6 Schönholz, Notgräber 1943

Auf Grund der vielen Opfer überwuchs der Friedhof das „Luna Lager“ allmählich . Von Friedhof 6 existiert heute nur noch eine kleine vergessene Märchenwelt.

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Reste Friedhof 6, Juli 2016

Die ursprünglichen Außengrenzen sind für gute Beobachter noch zu erkennen.
Am nördlichen Ende der Friedhofswiese liegen heute die vier Knochenberge, unter ihnen liegen nicht nur die Reste von Friedhof 6.

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Knochenberge auf Bunker 2

Der südöstliche von Ihnen beherbergt tatsächlich Bunker Zwei. Es war meine Hündin, die ihn für mich entdeckt hat.

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Bunker 2

Sie hatte ihr Spielzeug unter einem Stahlträger in der Wiese versteckt.
Was für eine Überraschung. Der Träger gehörte zur Deckenkonstruktion von Bunker Zwei.

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Bunker 2

Ausgerechnet an der von den Militärs beschriebenen Stelle. Einen Zugang gibt es hier nicht, wer unter den Stahlträger kriecht stößt gleich auf eine Außenwand.

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Heide-Theater 2016

Zu Bunker Zwei lassen sich heute keinerlei Dokumente mehr finden.Vermutlich wurde er in der Zeit des „Luna Lagers“ gebaut und  von den Sowjets und der NVA noch in den 1950er Jahren genutzt.

Das ehemalige Zwangsarbeiterlager war weggebombt. Auf dem Schlachtfeld Schönholzer Heide entstand ein Sammelplatz für Kriegsreparationen.

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Bühnenreste Heidetheater

Alles was die Sowjets im Bereich Pankow an Industrieanlagen demontierten, wurde in der Heide gesammelt, registriert und von hier aus in die Sowjetunion verfrachtet.

Abstieg Schacht 3 Hohenzollern-Berge

Eine dritte unterirdische Anlage liegt zwischen Friedhof 6 und dem versunkenen Heidetheater.Es handelt sich um mehrere zusammenhängende Versorgungsräume, die bis 2012 noch zugänglich waren. Aufgrund der verwendeten Baustoffe lässt sich die  Erbauung auf die 1930er Jahre zurückführen. Das heißt, die ursprüngliche Nutzung fällt in die Zeit des „Traumland“ sowie des „Luna Lager“.

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Ehrenhain, umgebettete Opfer

Höchstwahrscheinlich wurden die Räumlichkeiten auch zu DDR-Zeiten als Versorgungsräume für das Heidetheater genutzt. Bis 2012 dienten diese Räume der Zigarettenmafia als Warenlager, vermutlich aus diesem Grund ist der Zugang von Bezirksamtsmitarbeitern unter Erdreich und Fundamentbrocken versteckt worden.

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alter Pflasterweg von Traumland und Luna-Lager

Neben den zwei Heide-Bunkern  mit ihren zwei Wach- und Schützenbunkern sowie den alten unterirdischen Versorgungsräumen von „Traumland“ und „Luna Lager“ existieren noch 3 weitere versteckte Einstiege zu Versorgungsschächten. Die Einstiege liegen auf dem Flurstreifen zwischen Heide Theater und dem großen Hohenzollern-Berg. Stufen aus Armiereisen sind zwischen den roten, im Kreis vermauerten Klinkern einbetoniert. Die Schächte wurden in den 1950er Jahren mit Militärschrott verfüllt, tausende Kleinteile von Gasmaskenfiltern  über Uniformknöpfe und Munitionsabfälle vermischt mit Erdreich.

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Areal: Traumland, Luna-Lager, Friedhof 6

Alle 10 Jahre taucht der eine oder andere Schachteingang durch Erosion wieder auf, das Bezirksamt ist seither bemüht, diese Einstiege eilig wieder zu verstecken. Würden Besucher hier beim Stöbern in einem dieser Schächte auf Munition stoßen, was unvermeidlich wäre, hätte dies für den Bezirk enorme Kosten zur Folge. Nach einer Munitionsfundanzeige müsste von Amtswegen der gesamte Gefahrenbestand erkundet und gesichert werden. Das würde großflächige und kostenintensive Baggerarbeiten sowie weiträumige Absperrungen der Schönholzer Heide bedeuten. Das will niemand!
Und so bleibt es dabei, wo nichts zu sehen ist, da ist auch nix.

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https://youtu.be/W8MXGQivxs4

Autor: Christian Bormann, 14.06.2016
Fotos: Nick Kempka, Christian Bormann,
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 23.06.2013

Die Märchenwelt von Friedhof 6

Vom Standpunkt der Hermann-Hesse-Straße ausgehend, liegt hinter dem Paul-Zobel-Sportplatz ein kleines eingezäuntes Grundstück im Herzen der Schönholzer Heide. Das abgezäunte Areal ist der von der Öffentlichkeit fast vergessene Friedhof 6 für innerstädtische Bombenopfer.

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Friedhof 6

Ursprünglich erstreckte sich der Friedhof vom Sportplatz bis zu den Knochenbergen auf Bunker 2. Die kleinen Hügel sind die oberirdisch geräumten Reste des Friedhofes. Auf den Hügeln spielen die Hunde und auf den so entstandenen Wiesen vergnügen sich heute Familien in ihrer Freizeit.

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Sogenannter „Knochenberg“

Die Ursprünglichen Abgrenzungen des Friedhofs 6 sind für gute Beobachter heute noch zu erkennen. Beim Asphaltieren der Fahrradstrecke durch die Heide wurden erst kürzlich die letzten Torpfeiler entfernt.

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Trampelpfad

Hin und wieder bringt das Wurzelwerk der Bäume noch kleine Knochenreste,  Sargbeschläge und Urnenschilder an die Oberfläche.

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Friedhof, Blickrichtung „Knochenberge“

Der noch nicht geräumte, eingezäunte Teil des geschlossenen Friedhofs 6 liegt direkt am Sportplatz, getrennt nur durch einen alten Pflasterweg.

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Pflasterweg zwischen Friedhof und Sportplatz

Im Zaun fehlen immer wieder einzelne Felder. Notdürftig mit Ästen und Zweigen geflickt lädt das nicht ausgeschilderte Grundstück Neugierige zum Erkunden ein.

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Einfriedung am Bunker 1

Mit wenigen Schritten verlässt der Besucher den gewohnten Anblick der Heide und befindet sich in der Märchenwelt von Friedhof 6. Kleine, vor 70 Jahren an Gräbern angelegte Pflanzungen sind heute zu stattlichen Bäumen herangewachsen.

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Grabstein

Einst als Schmuck gedacht haben einige dieser Bäume die massiven Grabsteine umgeworfen oder in Gänze überwachsen.

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Grabstein

An der V-Birke lädt eine alte kleine Holzbank den Besucher wie eh und je zum Verweilen ein. Von den Bäumen hängen Rankelpflanzen, durch das Geäst sind die Gräber zu sehen.

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V-Birke mit Sitzbank

Die Holzsärge sind längst verrottet und die Gräber eingefallen. Sie bilden eine wellenförmige Öberfläche, die von Rankelpflanzen überwuchert ist.

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Grabstein

Kleine, von Baumästen überdachte Wege schlängeln sich zwischen den Gräbern entlang. In Abständen sind noch stehende und liegende Grabtafeln zu erkennen.

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Grabstein

Die Wasserbecken zur Grabpflege und antike Grabblumen aus Metall und Kunststoff haben die Jahrzehnte überdauert.

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Wasserstelle

Der grüne Baumgürtel, unter dem sich die Grabstellen verbergen, liegt wie ein Kragen um die kleine Märchenwelt, in deren Mitte sich eine kleine Wiese befindet.

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Von dieser Wiese ausgehend, wird der Friedhof 6 die nächsten Jahre Stück für Stück abgetragen und durch Räumung verschwinden.

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https://youtu.be/NHi6mEgx1Rs

Autor: Christian Bormann, 06.06.2016

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 07.06.2016

Pankower ist 1. König von Albanien

Der am 16.10.1871 geborene Pankower Otto Witte war Schausteller und Abenteurer. Am 28.10.1912 erklärte Albanien seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. Weder das westliche Europa noch das Osmanische Reich trauten Albanien eine eigene Führung zu. Es begann das Tauziehen um den Einfluss in Albanien zwischen Deutschen und Türken.

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Witte als General Feldmarschall
In diesen Wirren betritt der Pankower Otto Witte die Bühne der Geschichte. Witte ist zu dieser Zeit Soldat in der türkischen Armee. In Konstantinopel traf er seinen Bekannten Ismael Arzim. Witte hatte enorme Ähnlichkeit mit Prinz Hallim Eddina. Der Abenteurer Witte sprach Rumänisch, Serbisch, Bulgarisch, Türkisch und Griechisch. Arzim warb ihn sogleich als Spion an. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte die Beschaffung der Angriffspläne der bulgarischen und der serbischen Armee.

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Witte und Tochter Elfriede 1920
Nachdem er diese Aufgaben erfolgreich abgeschlossen hatte, fühlte sich Witte zu Höherem berufen. Fortan war er unter dem Decknamen „Prinz“ als Türkischer Generalfeldmarschall unterwegs. Stehts an seiner Seite war sein Adjutant Ismael Arzim. Sie befanden sich mitten im Balkankrieg und die türkische Armee drohte ihren Einfluss in Albanien zu verlieren. Da ließ Generalfeldmarschall Witte zwei türkische Armeekorps zusammenlegen.

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Otto Witte mit Adjutanten
In einer Vorausdepesche kündigte der Generalfeldmarschall seine Ankunft sowie die sofortige Übernahme des Oberbefehls an. Die Türkische Generalität war beeindruckt vom falschen Prinzen. Er schien geeignet, die türkischen Interessen in Albanien zu vertreten. Auch die albanische Seite versprach sich von der Krönung eines eigenen Königs mehr Unabhängigkeit. So wurde der Pankower Otto Witte am 15.02.1913 eiligst zum 1. König von Albanien gekrönt. Die Nachricht von der Ausrufung Otto I. von Albanien ging um die Welt.

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Personalausweis Witte’s mit Titel
In Deutschland herrschte blankes Entsetzen. Reichskanzler Bethmann Hollweg war außer sich vor Wut. Schließlich hatte man sich doch auf den Prinzen zu Wied als König geeinigt. Die Türken, sich keiner Schuld bewusst, ließen ausrichten, dass der Prinz in Konstantinopel sei und es sich um ein Irrtum auf deutscher Seite handelte. Gefahr drohte Otto I. von nationalistischen Albanern, die keinesfalls bereit waren, den vermeintlich türkischen Prinzen als albanischen König anzuerkennen.

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Reklamekarte des Abenteuers
Als der Angriff erfolgte, stellte sich Witte an die Spitze der Palastgarde und schlug die Angreifer in die Flucht. König Otto I. hielt sich ganze 5 Tage auf dem Thron. Bevor man ihn als Hochstapler verhaften konnte, floh er ins Deutsche Reich zurück. Witte wohnte in der Wollankstraße 41, seiner Berufung als Schausteller blieb König Witte treu.

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Orientalische Bühnenshow Otto 1.
Er vermarktete sich selbst als Otto I., Ex-König von Albanien.  Ehemaliger König von Albanien war auch offiziell in Wittes Personalausweis vermerkt. Am 13.08.1958 starb Otto I., sein Grab befindet sich in Hamburg auf dem Friedhof Ohlsdorf. Der pompöse Grabstein trägt die Inschrift „OTTO WITTE EHEM. KÖNIG V. ALBANIEN“.

Die Familie Witte blieb dem Schaustellergewerbe treu. So machten auch der Enkel Norbert Witte als Ex-Spreepark Chef und der Urenkel Marcel Witte weltweit Schlagzeilen.

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Norbert Witte 2004 vor Gericht
Von 2002 bis 2006 mussten die Spreeparkfreunde mit ansehen wie die Wittes mit Fahrgeschäften ins Ausland flohen. Sie hinterließen Schulden und einen nicht mehr zu rettenden Spreepark. Der ganz große Coup sollte es sein.

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Marcel Witte 2006 vor Gericht
Gemeinsam mit der Mafia wollten Norbert und Marcel mit ihren Fahrgeschäften Kokain schmuggeln. Norbert Witte stand 2004 vor Gericht. Sein Sohn Marcel Witte wurde 2006 wegen bandenmäßigem Drogenhandel verurteilt.

Autor: Christian Bormann, 27.05.2016

Bilder: antike Ansichtskarten (6), Berliner Zeitung 2002-2006 (2)

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 28.05.2016

Der Hexenturm an der alten Meierei im Bürgerpark

Seit mehr als 100 Jahren ist der Killisch von Horn Park für die Pankower als Bürgerpark öffentlich zugänglich. In der Kreuzstraße 5 neben Schmidt-Hutten aufgewachsen, verbrachte ich fast jeden Tag mit meinen Schulfreunden im Bürgerpark. Als Kinder hatten wir zwei Lieblingsplätze. Da war zum einen die Teufelsbrücke über dem Ziegengehege.

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Teufelsbrücke

Im Sommer konnten wir uns hier mit unseren Fahrrädern austoben und im Winter wurden die Zweiräder gegen Schlitten getauscht. Der zweite Ort war geheimnisvoll und für uns Kinder gruselig. Es war die alte Meierei mit dem Hexenturm.

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Taubenturm an der alten Meierei

Das einstöckige gelbe Backsteingebäude ließ Killisch von Horn 1860 bis 1868 mit Taubenturm errichten. Die Fenster waren zugemalert und es ließ sich kein Blick ins Innere werfen.

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alte Meierei und Sportrestaurant

Das Gebäude und der Hof waren immer sichtgeschützt.  Vom Hof selbst war nur das Bellen eines großen Hundes zu hören. Das ist auch heute noch so. Das geheimnisvolle Gebäude wurde in unserer kindlichen Fantasie zu den Resten eines Alten Schlosses mit Hexenturm. Der Turm zog uns Kinder magisch an.

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Vogelvoliere am Jägerhaus

Die Meierei mit ihren gelben Backsteinen war so völlig anders als alle anderen Gebäude im Park. An der westlichen Seite des Parks befand sich von Anfang an der Wirtschaftsteil. Dieser umfasste die alte Meierei, das zweistöckige Jägerhaus an der Vogelvoliere und eine Orangerie.

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Jägerhaus an der alten Meierei

Das Jägerhaus existiert heute noch, aber ohne zweites Stockwerk. Es steht zwischen Meierei und Vogelvoliere. Auf der großen abgezäunten Freifläche befanden sich die Tennisplätze.

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zubetonierte Tennisplätze

Der Alten Meierei fehlt ebenfalls das Dach. Der Mauerschatten des Daches ist noch an der Rückseite des Hexenturmes zu sehen. Im Hexenturm, der als Taubenturm errichtet wurde, hing ursprünglich eine Vesperglocke die zur Abendandacht geläutet wurde.

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Sportrestaurant in der Meierei 1940

In der alten Meierei befand sich in den 1940er Jahren ein Sportrestaurant. Zwei weitere Gastronomen bewirtschafteten das Jägerhaus und das Restaurant Hillgners im alten Herrenhaus am Rosenpavillon.

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Teller Restaurant Bürgerpark

Der Bürgerpark hat heute drei Steintore. Das pompöse Haupttor im Stiel eines Triumphbogens mit seinen beeindruckenden Putten ist allen bekannt. Daneben gibt es noch das verputzte Backsteintor in der Kreuzstraße und das 1929  mit Zufahrtsstraße errichtete kleine Schmucktor am alten Pumpwerk Wilhelm-Kuhr-Straße.

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Steintor u. Wirtschaftstraße Meierei

Tor und Straße wurden speziell für die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Sportrestaurants  sowie der Tennisplätze und Hillgners Restaurant Bürgerpark gebaut. Die alte Meierei wird vom Bezirksamt Pankow als Lager benutzt.

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Vogelkäfige in der alten Meierei

Im Inneren sind noch Vogelkäfige, Futter und allerhand Gärtnereiutensilien für den Betrieb der Vogelvoliere  zu sehen.

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alte Meierei und Tennisplätze 2017

Die Tennisplätze wurden betoniert und sind heute Stellfläche für den Fahrzeugpark des Grünflächenamtes.

 

Autor: Christian Bormann, 25.05.2016

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 25.05.2016

Bilder: Bormann, historische Postkarten

Luftbild: Guido Kunze

Post von Schinder Schmidt

Beim Durchsehen meiner Ansichtskarten-Sammlung stieß ich auf einen kleinen Pankower Schatz. Es ist eine Ansichtskarte aus dem Jahr 1899. Die Karte wurde am 16. Januar im Wirtshaus zum Pankgrafen in der Schlossstraße 6, heute Ossietzkystraße, geschrieben. Der Absender war der Pankower Bauherr, Architekt und Pankgraf Carl Schmidt.

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Glückwünsche von Carl Schmidt 16.1.1899

Schinder Schmidt, wie er genannt wurde, gratuliert in dem Schreiben einem Erich Baumgart zur jüngsten Verleihung der Vollmitgliedschaft. Gemeint ist die Pankgrafenvereinigung die zu jener Zeit ihr Hauptquartier im Wirtshaus zum Pankgrafen hatte.

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Postamt 19 Pankow 16.1.1899

Carl Schmidt selbst war bekannt für seine rot braunen Klinkerbauten. Er baute unter anderem den Rathausanbau, das Gesundheitshaus und die Hauptpost. Seine Firma war in der Schönholzer Straße ansässig.

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Carl Schmidt Schönholzer Straße 1910

In der Pankrafen-/ Ecke Pestalozzistraße steht das von ihm erbaute Privathaus. Auf dem Giebel in etwa 8 Meter Höhe steht eine fast lebensgroße Plastik eines Pankrafen in voller Ritter-Rüstung.

Autor: Christian Bormann, 04.01.2016
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016

Restaurant Bellevue Breite Straße

Der Rheinländer Anton Ringel war neben seinen Tätigkeiten als Gemeindevertreter und Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr seit 1890 auch Präsident des Deutschen Gastwirtsverband. Der Träger des Deutschen Kronenordens 4. Klasse gehörte zu den großen Pionieren der Pankower Gastronomie.

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Werbe-Dose Restaurant Bellevue 1900

Begonnen hatte er mit Ringels Gesellschaftshaus in der Kreuzstraße 3 bis 4, heute noch als Tanzschule Schmidt-Hutten am Bürgerpark bekannt. In der Kreuzstraße 5 verbrachte ich meine Kindheit. Wir sammelten gerne die alte Flaschenverschlüsse, die hier noch zu hunderten im Erdreich steckten.

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A. Ringel’s Bellevue Breite Straße 21a

Mit seinem Gesellschaftshaus sammelte Ringel erste Erfahrungen, bevor er 1888 das Bellevue eröffnete. Mit dem neuen Standort Breitestraße 21a, schräg gegenüber dem Rathaus, gehörte das Bellevue zu den ersten Adressen am Platz. Eine Haltestelle der Elektrischen Straßenbahn trug maßgeblich zum Erfolg bei. Hiervon zeugt die Werbedose von 1900. Es schien wohl nicht mehr erforderlich, auf die Adresse des bekannten Restaurants hinzuweisen. Viel wichtiger war die Erwähnung der Haltestelle.

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Tanzschule W. Tietz im Bellevue 1905

Der berühmte Tanzlehrer Wilhelm Tietz unterhielt hier 1900 seine Tanzschule. Das Museum Pankow ist noch im Besitz einer sehr seltenen Werbedose, mit der historischen Ansicht des Restaurants.

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M. Höpfner’s Restaurant Bellevue 1902

Die kleine Blechdose ist wohl spätestens 1900 entstanden, denn auf den Ansichtskarten ab 1902 wird bereits M. Höpfner als Inhaber genannt. Neben dem Bellevue befanden sich zur Jahrhundertwende etwa ein Dutzend Gastwirtschaften am Pankower Anger.

Autor: Christian Bormann, 15.02.2016
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016

Erholungsstätte Schönholz

Im 19. Jahrhundert kämpfte Berlin noch gegen die Tuberkulose. Kinder und geschwächte Menschen waren besonders anfällig für diese Krankheit.

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Eingang um 1904

Zur Behandlung der Tuberkulose gehörte die Luftkur. Aus diesem Grund wurden Ende des 19. Jahrhundert zahlreiche Lufterholungsheime um Berlin errichtet.

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Luftkurheim Schönholzer Heide

Eine dieser für diese Zeit typischen Einrichtungen war die Wald- Erholungsstätte Schönholz. So schlug man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.

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Besucher u. Patienten in der Heide

Die Patienten entkamen der durch Fabriken stark verschmutzten Stadtluft und gleichzeitig waren sie isoliert. So minderte sich auch die Übertragungsgefahr.

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Frischkuftkur in Schönholz

Die Wald-Erholungsstätte wurde vom Volksstättischen Verein des Roten Kreuz und dem Vaterländischen Frauen Verein Pankow-Niederschönhausen-Schönholz betrieben.

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Patientinnen vor ihrer Baracke

In der Erholungsstätte wurden auch Nervenschwäche, Blutarmut, Rachitis und Magenkrankheiten behandelt. Später befanden sich auf dem Areal Rasentennisplätze und eine große Sportwiese.

Autor: Christian Bormann
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016

Sanssouci in Nordend

Gegenüber dem alten Pankower Straßenbahnbetriebshof Schönhauser-/Ecke Dietzgenstraße stand bis zum Zweiten Weltkrieg ein luxuriöses Ausflugslokal. Heute erhebt sich an dieser Stelle eine große Wiese, einen Meter über dem Straßenniveau, umfasst von einer Steinmauer.

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Restaurant Sanssouci un 1930

Sanssouci gehörte zu den beliebtesten Veranstaltungsorten im Berliner Norden. Ein riesiger Biergarten sowie die luxuriöse Innengestaltung des Hauptsaals trugen dem Namen Sanssouci Rechnung.

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Postkarte Sanssouci um 1920

Auf alten Ansichtskarten erschließt sich dem Betrachter eine längst vergessene Welt. Eine Aufnahme vom „Tanz der Schmetterlinge“ 1937 gehört zu den letzten bekannten Aufnahmen.

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Aufführung im Sanssouci

Ein weiterer Vorteil für die Besucher war der damals hochmoderne Straßenbahnhof Niederschönhausen. Er lag direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

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Festsaal im Sanccousi

Eine Haltestelle der Elektrischen-Straßenbahn direkt vor dem Lokal ermöglichte den Damen auch in feinsten Sonntagskleidern, sauber und bequem ihr Ausflugsziel zu erreichen.

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Restaurant und Betriebshof um 1920

Auf dem hinteren Areal des damaligen Grundstückes werden derzeit Wohnungen gebaut. Die Wiese, unter der sich der ehemalige Biergarten befand, ist noch frei zugänglich.

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Standort 2017

Für die Zukunft ist absehbar, dass die Wiese sowie auch der bereits geschlossene alte Straßenbahnbetriebshof verschwinden werden.

Autor: Christian Bormann, 07.02.2016
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016

Die „Alte-Fritz-Linde“ in der Pankower Mühlenstraße

In Pankow gab es Ende des 19. Jahrhunderts mehrere berühmte Naturmarken. Zu den bekanntesten gehörten die „Königseiche“, die  „Rübezahl-Fichte“  und die „Alte-Fritz-Linde“ in der Mühlenstraße.

 

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Alte-Fritz-Linde, Verlag Fr. Salis, 1902

 

Der Verlag Friedrich Salis in der Pankower Schulstraße hatte alle drei Bäume auf seinen Ansichtskarten. Ihren Namen erhielt die „Alte-Fritz-Linde“ auf dem gleichen Weg wie die „Rübezahl-Fichte“.

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Rübezahl-Fichte, Verlag Fr. Salis, 1898

Es war ein verwachsener Aststumpf an der Linde, in dem die Pankower das Antlitz des „Alten Fritz“ erkannten. Wer sich die Ansichtskarte etwas genauer anschaut, erkennt hinter der Linde die Werbung von Anton Ringel für sein Restaurant „Bellevue“ in der Breiten Straße.

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Königseiche, Verlag Fr. Salis, 1900

Alle drei Naturmarken gehörten zum festen Standardrepertoire von Friedrich Salis. In Pankow gab es zur Jahrhundertwende Dutzende solcher kleinen Verlage und Fotografen. Auch andere Verlage hatten diese bekannten Pankower Bäume in ihrem Programm.

Autor: Christian Bormann, 06.02.2016
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 06.02.2016