Archiv der Kategorie: Allgemein

Der vergessene S-Bahnhof „Buchholz Nord“

Der vergessene S-Bahnhof „Buchholz Nord“ befindet sich auf der Linie S8 zwischen den Haltestellen Blankenburg und Mühlenbeck-Mönchmühle. Es ist ein sogenannter Vorratsbahnhof. Die DDR plante auf den nördlichen Rieselfeldern eine Plattenbausiedlung „Hobrechtsstadt“.

Blick von der Bucher Straße auf den Vorratsbahnhof, Juni 2022

Von der Autobahnbrücke Bucher Straße ist der Bahnsteig durch die Graffiti gut zu erkennen. Genau gegenüber der Autobahnabfahrt Bucher Straße, von Pankow kommend, befindet sich heute eine Abfahrt zwischen den Ampeln. Sie wird nur noch landwirtschaftlich genutzt, führt aber zum Bahnhofsrohbau.

Landwirtschaftlicher Nutzweg Bucher Straße, Abfahrt zum Vorratsbahnhof „Buchholz Nord“

Es gibt noch einen zweiten vergessenen Vorratsbahnhof auf der S8 nahe der KGA Birkengrund. „Arkenberge Ost“ hat zwei Bahnsteige und sollte über ein angeschlossenes Bahnwerk verfügen. Beide Bauten sind noch ohne Dach, aber in kürzester Zeit ausbaubar.

Luftaufnahme: Vorratsbahnhof „Buchholz Nord“ mit S-Bahn, Juni 2022

Aus der Plattenbausiedlung „Hobrechtsstadt“ wurde bekanntlich nichts und so wurden weder ein Bahnhof noch ein Bahnwerk gebraucht. Es gab über die Jahrzehnte immer wieder Planungen, Buchholz Nord städtebaulich zu erweitern und so wurden die Bahnhofrohbauten bis heute weiter vorgehalten.

Autor Christian Bormann auf dem Bahnsteig „Buchholz Nord“, Oktober 2022

Zwischen Schönerlinder Straße und Bucher Straße sowie der A10 soll ab 2026 ein 190 Hektar großes Gewerbegebiet entstehen. Möglicherweise kommt „Buchholz Nord“ eines Tages doch noch aus dem Dornröschenschlaf ans Netz.

Autor: Christian Bormann

Red. Bearbeitung: Martina Krüger

Fotos: Christian Bormann, Guido Kunze

„Versorgungslösung Kettwurst“ auf der Schönhauser Allee

Viele werden ihn kennen, den inzwischen historisch gewordenen Imbiss an der Schönhauser Allee/Ecke Dänenstraße. Aber wer weiß schon, dass hier alles mit einem winzig kleinen Buchladen begann? Auf dem Foto von 1968 betrachten drei Frauen die spärliche Schaufensterauslage. Der kleine Schornstein auf dem Dach verrät den Ofen, mit dem die zwei Mitarbeiter den Bücherladen im Herbst und Winter noch beheizen mussten.

Buchhandlung Schönhauser Allee, 1968

Da der Buchladen bei all der überbordenden kommunistischen Lektüre schnell zu klein wurde, zog er aus und die Handelsorganisation Ost, kurz „HO“ übernahm 1981 das Objekt. Nicht nur in der Schönhauser Allee, in allen größeren Städten der DDR wurden solche Ladenobjekte zu dieser Zeit eröffnet, um den Wunsch der Bürger nach „Kommerzieller Schnellverpflegung“ zu bedienen.

Imbiss noch ohne Reklame, 1981

Das Rationalisierungs- und Forschungsinstitut „Gaststätten, Hotels und Gemeinschaftsverpflegung“ wurde damit beauftragt, Gegenentwürfe zu Hot Dog, Burger und Pizza vorzustellen. Und so enstanden Kettwurst, Grilletta und Krusta. Die Kettwurst ging 1979 an den Start und gewann unter der Bezeichnung: Exponat „Versorgungslösung Kettwurst“ sogleich eine Urkunde auf der „Messe der Meister von Morgen“.

Imbiss Buffet Schönhauser Allee, 1986

Das Rationalisierungs- und Forschungszentrum „Gaststätten, Hotels und Gemeinschaftsverpflegung“ saß in Berlin. Somit ist die Kettwurst eine echte Berlinerin. Auf den Fotos von 1986 ist zu sehen, dass die Kunden in der Dänenstraße an der Ausgabe stehen und nicht wie heute in der Schönhauser Allee.

HO-Imbiss „Buffet“ Schönhauser Allee, 1981

Schaut man ganz genau hin, ist es immer noch der alte Buchladen. Der ehemalige Kundeneingang zur Schönhauser Allee wird als Personaleingang verwendet und das Schaufenster vom Buchladen ist die Ausgabe.

Imbiss Buffet etwa um 1988

Sogar die Werbetafeln des Buchladens aus den 1960ern sind noch die selben und wurden lediglich mit Farbe übermalt und neu beschriftet. Ich selbst bin Jahrgang 1980 und meine erste Kettwurstquelle war der Pavillon im Bürgerpark. Als Anwohner keine 2 Minuten enfernt.

Blick unter dem U-Bahnbogen auf den Imbiss, etwa 1988

Für mich ist der „Kettwurststand auf der Schönhauser“, wie ich ihn nenne, etwas ganz Besonderes und auch der Betreiber Alain André, der mir bis heute die echte Kettwurst erhalten hat. Alain ist gebürtiger Franzose und war zum Mauerfall Westberliner. Er gehörte zu den Jungunternehmern, die sich was aufbauen wollten und der Osten lockte.

Umbau der HO-Verkaufsstelle zu Alain’s Snack, 1991

Das Ende der DDR ließ auch meine Kettwurstquelle im Bürgerpark versiegen. Mit zunehmendem Aktionsradius als Heranwachsender stieß ich dann 1992 in der Schönhauser Allee auf Alain’s Snack und meine neue Kettwurstconnection. Wörter wie „Quelle“ waren jetzt out. Auch heute halte ich noch zwei bis drei mal im Monat hier an und hole mir meine „Ketti“.

Der Fronteingang wird geschlossen, 1991

Ich kenne Alain seit vielen Jahren vom Sehen. Er hat mir einiges von seinem Start als Unternehmer und wie er den Imbiss 1991 übernommen hat erzählt. Wir sitzen zusammen und Alain hat zwei Fotoalben mitgebracht. Während ich meine „Ketti“ esse, blättern wir durch die Fotoalben. Er erzählt von Damals und ich höre gespannt zu.

Neue Fassadendekoration, 1991

Wie er als damals noch etwas naiver Jungunternehmer gleich bei Konopke vorstellig wird und seine „Hilfe anbietet“, er lacht und sagt: „Ich wurde freundlich aber bestimmt des ,Hofes‘ verwiesen mit dem Hinweis, dies ist ein Familienbetrieb und bleibt es“. Konopke war damals schon alteingesessener Gastronom auf der Schönhauser. Alain ist es nach inzwischen über 30 Jahren auch. Zu Familie Ziervogel die Konopke seit Generationen betreibt, hat er heute ein gutes Verhältnis. Man kennt sich als Gastronomen auf der Schönhauser untereinander.

Eröffnung und erste offizielle Coca Cola-Werbung nach dem Mauerfall in
Ostdeutschland, 1991

Alain bekam dann doch noch sein Objekt auf der Schönhauser Allee. Es sollte der alte HO-Imbiss „Buffet“ werden. Einen Haken hatte die Sache aber. Die HO betrieb den Imbiss und die Milch-Mixer Bar zusammen. Den Imbiss durfte er nur zusammen mit der Bar übernehmen. Es führte kein Weg dran vorbei. Nachdem er einen großen Kredit aufgenommen hatte, baute er die Milch-Mixer Bar zu einer Pizzeria um.

Alain’s Snack Schönhauser Allee, September 2022

Da kam der nächste Schock für Ihn. Er hatte nun zwei Gastronomieeinheiten auf der Schönhauser Alle und niemand hatte ihn vorgewarnt, dass die Straße drei Jahre lang zur Baustelle werden würde. Die Laufkundschaft, auf die Gastronomen angewiesen sind blieb aus. Harte Jahre für den Unternehmer.

Autor Bormann (links) und Betreiber Alain André (rechts), September 2022

Einige Erinnerungen teilen wir sogar trotz unseres Altersunterschieds. Zum Beispiel an den Wochenmarkt auf der Brache gegenüber dem Imbiss neben dem S-Bhf Schönhauser Alle. Bei Regen die reinste Matschlandschaft. Heute stehen die Allee Arcaden auf dem einstigen Wochenmarkt, der dann noch einige Jahre unter dem U-Bahnbogen stattfand. Die Pizzeria verkaufte er 2001 und behielt den Imbiss. Heute gibt es hier nicht nur Kettwurst, auch Veganer und Fans von Biofleisch kommen hier auf Ihre Kosten.

Autor: Christian Bormann

Redaktion: Martina Krüger

Bilder: Christian Bormann, Alain André

Bodenfund im Bürgerpark

Am 5. Juni 2017 hieß unser Beitrag „Carl Maria von Weber in Pankow“. Anlass war die jahrelange Recherche zu einem historischen Sockel als Rest einer Statue in der Schönholzer Heide.

Fundstelle Wirtschaftshof Straßen- und Grünflächenamt. Die kleinen Gewächshäuser sind abgeräumt u. die historischen Tennisplätze überpflastert

Nach einer Ortsbegehung mit dem Freundeskreis der Chronik Pankow e.V. anlässlich der Austellung „Schönholzer Heide“ konnte Frau Jutta Mach die fehlende Statue mit Bildern belegen. Sie selbst hatte noch das „Heidetheater„, wo der Sockel stand, als junge Frau besucht.

Bauareal Wirtschaftshof Straßen- und Grünflächenamt April 2021

Der am 18. oder 19.11.1786 in Eutin geborene Komponist, Dirigent und Pianist Carl Maria Friedrich Ernst August von Weber besuchte tatsächlich Pankow. In seinen tagebuchähnlichen Aufzeichnungen beschreibt er seine Besuche bei „Jord. Fried. am 28. Junie 1812“ oder „die Geburt bei Kielemann und Hellwigs am 22. Juli 1812“.

Cornelia Wagner, Revierleiterin Straßen- und Grünflächenamt Pankow (re.) und Christian Bormann, Autor (li.) April 2020

Bis auf drei historische Bilder und eine Markierung auf dem Bauplan des Heidetheaters gab es nur noch eine Miniatur, die sich im Nachlass des Bildhauers befand, von der Deutschen Weberstiftung aber nicht angekauft wurde und heute als verschollen gilt.

Geborgener Bodenfund. Vermisste Weber-Statue im Bürgerpark 2020

So war die Bestimmung der Statue zwar erfolgreich, der Verbleib aber unbekannt. Seit Januar 2020 treffe ich mich regelmäßig mit Frau Wagner, der Revierleiterin vom Straßen- und Grünflächenenamt Pankow. In Ihr Ressort fällt auch die Umgestaltung der Schönholzer Heide, die Sanierung vom ehemaligen Friedhof 1 und der Bürgerpark. Eine ausgesprochen engagierte Frau, die zu meiner Begeisterung ein Auge für historische Sachverhalte und ein Händchen für ihren Erhalt hat.

Verwaister Sockel der Weber-Statue am alten Freilichttheater, Schönholzer Heide 2016

Im Januar wies sie mich auf einen Bodenfund im Bürgerpark hin, der Ähnlichkeiten zu Fotos in einer meiner Geschichten aufwies. Bei dem Fund handelte es sich um eine etwa lebensgroße Figur, der Kopf, Hände und Füße abgeschlagen waren. Der Fund wurde im Januar 2020 auf dem Wirtschaftshof des Straßen und Grünflächenamt im Bürgerpark gemacht, nicht weit entfernt von der alten Meierei auf den alten Tennisplätzen. Die Abt. Straßenentwicklung und Bürgerdienste ist nach Fertigstellung der neuen Personalunterkünfte seit Oktober 2020 mit dem Neubau der Zufahrten und Straßen auf dem Wirtschaftshof befasst. Zur Vorbereitung der aktuellen Bauarbeiten kam es zu Erdarbeiten, bei denen die unbekannte Statue entdeckt wurde.

Weber-Statue, Foto: Museum Pankow (R.Dörrier), vermutlich zur Einweihung des Heidetheaters in Schönholz

Ich verabredete mich mit Frau Wagner zur Inaugenscheinnahme und konnte es kaum glauben. „Weber im Bürgerpark gefunden“. Schon auf den ersten Blick war klar, dass es sich um die vermisste Weber-Statue handelt. Am Fuße eines betonierten Gewächshauses aus den 1960er Jahren war sie in geringer Tiefe vergraben. Die Überaschung war um so größer, da vermutet wurde, dass die Statue in Einzelstücken im Erdreich der Schönholzer Heide verteilt liegt. Hier habe auch ich seit 2014 nach ihr gesucht.

Foto der bereits beschädigten Weber-Statue bevor sie „spurlos“ verschwand, Foto Museum Pankow (R.Dörrier)

Das die Statue fast in Gänze im Bürgerpark vergraben wurde, geschah zu Ihrem Schutz. Die damaligen Arbeiter hätten sie ohne Mühe in der Heide verscharren können. Der Abtransport und das Verstecken der Reste im Bürgerpark war eine Rettungsaktion für die nachfolgenden Generationen. Hierfür gibt es weitere Beispiele. In der Geschichte „Das Geheimnis von Friedhof 1“ wird beschrieben, wie die DDR-Regierung Grabsteine von Berühmtheiten als Diplomatengeschenke weitergab. Zur Rettung verbrachten Mitarbeiter einige der gefährdeten Grabsteine auf den Friedhof 1 und versteckten Sie zwischen den anderen Grabstellen.

Eingelagerter Bodenfund Weber-Statue im Mai 2021

So kam der ehemalige Friedhof 1 im Laufe der Jahre an Grabsteine, dessen Gräber er gar nicht beherbergte. Die versteckte Weber-Statue reiht sich hier nahtlos ein. So schließt sich der Kreis um eine mehrjährige Recherche. Für mich ein Glücksfall, dass es diese beherzten Mitarbeiter gab und heute noch gibt.

Autor: Christian Bormann

Red. Bearbeitung: Martina Krüger


Bilderquellen: Jutta Mach (Freundeskreis der Chronik Pankow), Museum Pankow (R.Dörrier) Christian Bormann, Bezirksamt Pankow von Berlin, Bormann Pankowerchronik TV

Alter Dorfkrug Pankow aufgetaucht

Nach dem Abriss der alten HO-Kaufhalle in der Breiten Straße lag das Areal viele Jahre lang brach. Der neue Besitzer, die ANH Hausbesitz GmbH und und Co Kommanditgesellchaft, plant hier einen Wohn- und Geschäftskomplex. Anfang 2021 entstand hier ein temporäres Projektcafé. Das einstöckige holzverkleidete Modulbauwerk wird vom Grundstückseigentümer betrieben.

Luftaufnahme der HO-Kaufhallenbrache Breite Straße 2018

Ende März fanden dann Anschlussarbeiten an das Wasserwegenetz statt. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als dabei Kellerreste zutage traten. Viele Pankower kennen noch die HO-Kaufhalle. Die größte Berlins, sie lag schließlich auch an der Protokollstrecke von Schloss Schönhausen.

„Bier Stube“ Alter Dorfkrug Pankow, Breite Straße 34. Postkarte zum Neujahr um 1900.

Die Kaufhalle stand auf den ehemaligen Grundstücken 34A, und 35. Die 34A gehörte damals zur 34. Hier stand das Gasthaus Linder, welches im 2. Weltkrieg zerbombt wurde. Die 34A beherbergte den alten Pankower Krug. In der 35 befand sich Pankows erstes eigenständiges Postamt. Was nach dem Krieg noch auf den Grundstücken 34A bis 35 stehen geblieben war, wurde in den 1980er Jahren für den Neubau der Kaufhalle abgerissen.

„Zum alten Krug“, Breite Straße 34 um 1920.

Spätestens mit dem Abriss der alten Kaufhalle galt das Grundstück als beräumt und historisch uninteressant. Bei meiner üblichen Inaugenscheinnahme der Tiefbauarbeiten fiel mir auf, dass der neue Wasseranschluss in Kellerresten steht, die Spuren von mehreren Bauphasen aufweisen. So reichen die verwendeten Klinker in ihrer Machart von etwa 1800 bis 1940.

Ausschnitt „Plan von Pankow“ von J. C. Selter 1818. Markierung „Der Krug“.

Bei genauer Betrachtung fällt eine Steinschwelle auf, die in Größe, Art und Höhenniveau durchaus die verbliebene Eingangsschwelle des Dorfkruges sein könnte. Für die Recherchen zum Alter des Gebäudes halfen mir Frau Jutta Mach und der Freundeskreis der Chronik Pankow e.V. Frau Mach wies mich auf die Quelle „Jacobi Große Stadt aus kleinen Steinen“ [1] hin. Jacobi gibt als Entstehungsdatum des Krugs 1821 an.

Luftaufnahme 1928, Markierung zeigt den alten Dorfkrug noch als Gebäude

Ich muss Jacobi hier widersprechen. Bereits auf Karten aus dem 18. Jahrhundert ist an der Stelle ein Gebäude ohne Bezeichnung eingetragen. Darüber hinaus zeigt der „Plan von Pankow“ nach J. C. Selter das Gebäude mit dem Namen „Der Krug“ um 1818. Meiner Auffassung nach sollte es den Krug schon Anfang 1700 möglicherweise als Vorgängerbau gegeben haben. Hier war sozusagen die Keimzelle für die späteren Gastwirtschaften, die Pankow zur Jahrhundertwende des 20. Jahrhunderts seinen Ruf als Ausflugsort bescherten.

Berlins größte HO-Kaufhalle Breite Straße in den 1980er Jahren

Zu den Bekanntesten Gastwirten in Pankow gehörte auch Friedrich Mücke. Er begann seine Kariere 1895 im Krug. Seine erste eigene Wirtschaft betrieb er in der Berliner Straße 4, darauf folgte ein Etablissement in der Damerowstraße 23. Eine weitere Einrichtung betrieb Mücke in der Breiten Straße 40. Das Haus Berliner/Ecke Breite Straße ist heute eine Freifläche. Hier steht der Tröpfelbrunnen „Kletternde Kinder“. Der Krug diente damals den Kutschern als Aufenthaltsraum. Hier hatten sie zwischen ihren Fahrten ein Dach über dem Kopf und waren auch vor Wind und Wetter geschützt.

Kellerreste auf dem Grundstück des alten Dorfkrug.

Damals war es durchaus üblich das der Kutscher direkt vom Tresen auf die Kutsche stieg. Die Breite Straße hatte schon so einige Namen. Als Dorfstraße 1871 in Breite Straße benannt, erfolgte zu Ihrem 100. Namensjubiläum die Umbenennung in Johannes-R.-Becher-Straße und nach der Wiedervereinigung wieder in Breite Straße. Auch der Name des Dorfkrug änderte sich mit den Jahren und Betreibern. Bereits 1818 als „Der Krug“ bezeichnet, hieß er zur darauf folgenden Jahrhundertwende „Bierquelle“, dann „Bierkrug“ und zu guter letzt in den 1920er Jahren „Zum alten Krug.“

Anschluss des Areals an das städtische Abwasser April 2021

Mit dem Einverständnis des Grundstückeigentümers schaute ich mir die Kellerreste einmal genauer an. Ich war schon wieder aus der Grube geklettert, als etwas rötliches im Sonnenschein reflektierte und mich blendete.

Vermuteter Eingangsbereich in den Dorfkrug, April 2021

Meine Neugier war geweckt. Behutsam schob ich etwas Erde und Putzstaub beiseite. Ich traute meinen Augen kaum. Als erstes konnte ich eine Rose erkennen und Stück für Stück kam der Rest einer kleinen Keramikkanne zum Vorschein.

Bodenfund im Keller am ehemaligen Standort des alten Dorfkrug April 2021

Für mich stellt dieser kleine Kellerfund, dessen Entstehung ich auf 1860 bis 1940 schätze, das letzte Stück Dorfkrug da und ist ein guter Anlass, den „Alten Krug“ als Geschichte zu thematisieren. Die Kanne ist mit einer merkwürdigen Art Patina überzogen, hat einen winzigen Henkel und eine aufgesetzte Rose. Vermutlich handelte es sich um eine kleine Tischvase für Trocken- und Papierblumen.

Bodenfund Breite Straße, April 2021, geborgener Keramikkrug

Der letzte Nachweis über die Existenz des „Dorfkrug“ ist eine englische Luftaufnahme von 1928. Die Aufnahme zeigt das komplette Gebäude. Auf den Luftbildern der Alliierten von 1953 ragen Baumkronen über das Grundstück. Hier lässt sich nicht mehr seriös feststellen, ob das Gebäude noch in Gänze steht oder ob es sich nur um die Trümmerreste handelt. Bleibt abzuwarten, was bei den geplanten Tiefbauarbeiten auf dem Areal noch zum Vorschein kommt. Vermutlich existieren auch die Keller der Nachbargebäude noch.

Autor: Christian Bormann

Redaktion: Martina Krüger

Bilder: Christian Bormann, Julia Hermann, Guido Kunze, Lars-Holger Thümmler, Tagesspiegel

Quellen:

[1] Gießmann, C., Jacobi, O. (1936). Große Stadt aus kleinen Steinen : Ein Beitrag zur Geschichte des 19. Berliner Verwaltungsbezirks. Berlin, Anzeiger f. d. Berliner Norden.

Die Gefängniszellen im Rathaus Pankow

Zu den Geheimnissen des Rathaus Pankow gehört auf  jeden Fall der Zellentrakt im Keller. Bereits 1942 bis 1943 wurde in den Kellerräumen rechts vom Ratssaal ein Luftschutzbunker errichtet. Einst für die Verwaltungsangestellten vorgesehen wurde er schnell zu Militärischen Leitstelle.

Eingang Polizeirevier und Zentrale Verteidigungstelle Rsthazs Pankow

Der Eingang befand sich rechts vom Hauptportal und ist heute mit einem Granitstein geschlossen. Auf alten Bildern ist die ebenerdige Öffnung noch zu sehen. Bereits 1942 wurde der Zellentrakt gebaut und mit Panzertüren von Max Rieger ausgestattet.

Eingang ebenerdig offen 1906

Ähnlich sieht der alte Schutzkeller mit Gefängnis im ehemaligen Amtshaus Buchholz aus. Die Leitstelle im Rathaus Pankow wird 1944 zum Kommandobunker der „Zentralen Verteidigungsstelle“ Pankow. Die Polizeibeamten aus den aufgelösten Revieren werden in der Leitstelle zusammengezogen. 

Zellentrakt 2017

Es gibt einige mündliche Überlieferungen nach denen in den Zellen auch Politische Häftlinge bis zu ihrer Deportation festgehalten wurden. Auch nach dem Einzug der sowjetischen Kommandantur in das Rathaus wurden die Zellen weiter genutzt. 

Gefängniszellentür Max Rieger von 1942

Das letzte mal am 23. Oktober 1947. In den Gefängniszellen saßen der Kommandant des Konzentrationslager Sachsenhausen sowie 15 Angehörige der Wachmannschaft. 

Firmenschild Max Rieger 1942

Die Räumlichkeiten sind heute noch weitgehend erhalten und werden vom Bezirksamt Pankow als Archiv genutzt.

Vielen Dank an das Bezirksamt Pankow für die Unterstützung.

Autor: Christian Bormann, 21.11.2017

red. Bearbeutung:

Bilder:Christian Borman, historische Ansichtskarten

Die Märchenwelt von Friedhof 6

Vom Standpunkt der Hermann-Hesse-Straße ausgehend, liegt hinter dem Paul-Zobel-Sportplatz ein kleines eingezäuntes Grundstück im Herzen der Schönholzer Heide. Das abgezäunte Areal ist der von der Öffentlichkeit fast vergessene Friedhof 6 für innerstädtische Bombenopfer.

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Friedhof 6

Ursprünglich erstreckte sich der Friedhof vom Sportplatz bis zu den Knochenbergen auf Bunker 2. Die kleinen Hügel sind die oberirdisch geräumten Reste des Friedhofes. Auf den Hügeln spielen die Hunde und auf den so entstandenen Wiesen vergnügen sich heute Familien in ihrer Freizeit.

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Sogenannter „Knochenberg“

Die Ursprünglichen Abgrenzungen des Friedhofs 6 sind für gute Beobachter heute noch zu erkennen. Beim Asphaltieren der Fahrradstrecke durch die Heide wurden erst kürzlich die letzten Torpfeiler entfernt.

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Trampelpfad

Hin und wieder bringt das Wurzelwerk der Bäume noch kleine Knochenreste,  Sargbeschläge und Urnenschilder an die Oberfläche.

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Friedhof, Blickrichtung „Knochenberge“

Der noch nicht geräumte, eingezäunte Teil des geschlossenen Friedhofs 6 liegt direkt am Sportplatz, getrennt nur durch einen alten Pflasterweg.

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Pflasterweg zwischen Friedhof und Sportplatz

Im Zaun fehlen immer wieder einzelne Felder. Notdürftig mit Ästen und Zweigen geflickt lädt das nicht ausgeschilderte Grundstück Neugierige zum Erkunden ein.

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Einfriedung am Bunker 1

Mit wenigen Schritten verlässt der Besucher den gewohnten Anblick der Heide und befindet sich in der Märchenwelt von Friedhof 6. Kleine, vor 70 Jahren an Gräbern angelegte Pflanzungen sind heute zu stattlichen Bäumen herangewachsen.

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Grabstein

Einst als Schmuck gedacht haben einige dieser Bäume die massiven Grabsteine umgeworfen oder in Gänze überwachsen.

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Grabstein

An der V-Birke lädt eine alte kleine Holzbank den Besucher wie eh und je zum Verweilen ein. Von den Bäumen hängen Rankelpflanzen, durch das Geäst sind die Gräber zu sehen.

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V-Birke mit Sitzbank

Die Holzsärge sind längst verrottet und die Gräber eingefallen. Sie bilden eine wellenförmige Öberfläche, die von Rankelpflanzen überwuchert ist.

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Grabstein

Kleine, von Baumästen überdachte Wege schlängeln sich zwischen den Gräbern entlang. In Abständen sind noch stehende und liegende Grabtafeln zu erkennen.

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Grabstein

Die Wasserbecken zur Grabpflege und antike Grabblumen aus Metall und Kunststoff haben die Jahrzehnte überdauert.

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Wasserstelle

Der grüne Baumgürtel, unter dem sich die Grabstellen verbergen, liegt wie ein Kragen um die kleine Märchenwelt, in deren Mitte sich eine kleine Wiese befindet.

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Von dieser Wiese ausgehend, wird der Friedhof 6 die nächsten Jahre Stück für Stück abgetragen und durch Räumung verschwinden.

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https://youtu.be/NHi6mEgx1Rs

Autor: Christian Bormann, 06.06.2016

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 07.06.2016

Pankower ist 1. König von Albanien

Der am 16.10.1871 geborene Pankower Otto Witte war Schausteller und Abenteurer. Am 28.10.1912 erklärte Albanien seine Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. Weder das westliche Europa noch das Osmanische Reich trauten Albanien eine eigene Führung zu. Es begann das Tauziehen um den Einfluss in Albanien zwischen Deutschen und Türken.

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Witte als General Feldmarschall
In diesen Wirren betritt der Pankower Otto Witte die Bühne der Geschichte. Witte ist zu dieser Zeit Soldat in der türkischen Armee. In Konstantinopel traf er seinen Bekannten Ismael Arzim. Witte hatte enorme Ähnlichkeit mit Prinz Hallim Eddina. Der Abenteurer Witte sprach Rumänisch, Serbisch, Bulgarisch, Türkisch und Griechisch. Arzim warb ihn sogleich als Spion an. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte die Beschaffung der Angriffspläne der bulgarischen und der serbischen Armee.

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Witte und Tochter Elfriede 1920
Nachdem er diese Aufgaben erfolgreich abgeschlossen hatte, fühlte sich Witte zu Höherem berufen. Fortan war er unter dem Decknamen „Prinz“ als Türkischer Generalfeldmarschall unterwegs. Stehts an seiner Seite war sein Adjutant Ismael Arzim. Sie befanden sich mitten im Balkankrieg und die türkische Armee drohte ihren Einfluss in Albanien zu verlieren. Da ließ Generalfeldmarschall Witte zwei türkische Armeekorps zusammenlegen.

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Otto Witte mit Adjutanten
In einer Vorausdepesche kündigte der Generalfeldmarschall seine Ankunft sowie die sofortige Übernahme des Oberbefehls an. Die Türkische Generalität war beeindruckt vom falschen Prinzen. Er schien geeignet, die türkischen Interessen in Albanien zu vertreten. Auch die albanische Seite versprach sich von der Krönung eines eigenen Königs mehr Unabhängigkeit. So wurde der Pankower Otto Witte am 15.02.1913 eiligst zum 1. König von Albanien gekrönt. Die Nachricht von der Ausrufung Otto I. von Albanien ging um die Welt.

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Personalausweis Witte’s mit Titel
In Deutschland herrschte blankes Entsetzen. Reichskanzler Bethmann Hollweg war außer sich vor Wut. Schließlich hatte man sich doch auf den Prinzen zu Wied als König geeinigt. Die Türken, sich keiner Schuld bewusst, ließen ausrichten, dass der Prinz in Konstantinopel sei und es sich um ein Irrtum auf deutscher Seite handelte. Gefahr drohte Otto I. von nationalistischen Albanern, die keinesfalls bereit waren, den vermeintlich türkischen Prinzen als albanischen König anzuerkennen.

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Reklamekarte des Abenteuers
Als der Angriff erfolgte, stellte sich Witte an die Spitze der Palastgarde und schlug die Angreifer in die Flucht. König Otto I. hielt sich ganze 5 Tage auf dem Thron. Bevor man ihn als Hochstapler verhaften konnte, floh er ins Deutsche Reich zurück. Witte wohnte in der Wollankstraße 41, seiner Berufung als Schausteller blieb König Witte treu.

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Orientalische Bühnenshow Otto 1.
Er vermarktete sich selbst als Otto I., Ex-König von Albanien.  Ehemaliger König von Albanien war auch offiziell in Wittes Personalausweis vermerkt. Am 13.08.1958 starb Otto I., sein Grab befindet sich in Hamburg auf dem Friedhof Ohlsdorf. Der pompöse Grabstein trägt die Inschrift „OTTO WITTE EHEM. KÖNIG V. ALBANIEN“.

Die Familie Witte blieb dem Schaustellergewerbe treu. So machten auch der Enkel Norbert Witte als Ex-Spreepark Chef und der Urenkel Marcel Witte weltweit Schlagzeilen.

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Norbert Witte 2004 vor Gericht
Von 2002 bis 2006 mussten die Spreeparkfreunde mit ansehen wie die Wittes mit Fahrgeschäften ins Ausland flohen. Sie hinterließen Schulden und einen nicht mehr zu rettenden Spreepark. Der ganz große Coup sollte es sein.

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Marcel Witte 2006 vor Gericht
Gemeinsam mit der Mafia wollten Norbert und Marcel mit ihren Fahrgeschäften Kokain schmuggeln. Norbert Witte stand 2004 vor Gericht. Sein Sohn Marcel Witte wurde 2006 wegen bandenmäßigem Drogenhandel verurteilt.

Autor: Christian Bormann, 27.05.2016

Bilder: antike Ansichtskarten (6), Berliner Zeitung 2002-2006 (2)

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 28.05.2016

Der Hexenturm an der alten Meierei im Bürgerpark

Seit mehr als 100 Jahren ist der Killisch von Horn Park für die Pankower als Bürgerpark öffentlich zugänglich. In der Kreuzstraße 5 neben Schmidt-Hutten aufgewachsen, verbrachte ich fast jeden Tag mit meinen Schulfreunden im Bürgerpark. Als Kinder hatten wir zwei Lieblingsplätze. Da war zum einen die Teufelsbrücke über dem Ziegengehege.

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Teufelsbrücke

Im Sommer konnten wir uns hier mit unseren Fahrrädern austoben und im Winter wurden die Zweiräder gegen Schlitten getauscht. Der zweite Ort war geheimnisvoll und für uns Kinder gruselig. Es war die alte Meierei mit dem Hexenturm.

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Taubenturm an der alten Meierei

Das einstöckige gelbe Backsteingebäude ließ Killisch von Horn 1860 bis 1868 mit Taubenturm errichten. Die Fenster waren zugemalert und es ließ sich kein Blick ins Innere werfen.

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alte Meierei und Sportrestaurant

Das Gebäude und der Hof waren immer sichtgeschützt.  Vom Hof selbst war nur das Bellen eines großen Hundes zu hören. Das ist auch heute noch so. Das geheimnisvolle Gebäude wurde in unserer kindlichen Fantasie zu den Resten eines Alten Schlosses mit Hexenturm. Der Turm zog uns Kinder magisch an.

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Vogelvoliere am Jägerhaus

Die Meierei mit ihren gelben Backsteinen war so völlig anders als alle anderen Gebäude im Park. An der westlichen Seite des Parks befand sich von Anfang an der Wirtschaftsteil. Dieser umfasste die alte Meierei, das zweistöckige Jägerhaus an der Vogelvoliere und eine Orangerie.

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Jägerhaus an der alten Meierei

Das Jägerhaus existiert heute noch, aber ohne zweites Stockwerk. Es steht zwischen Meierei und Vogelvoliere. Auf der großen abgezäunten Freifläche befanden sich die Tennisplätze.

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zubetonierte Tennisplätze

Der Alten Meierei fehlt ebenfalls das Dach. Der Mauerschatten des Daches ist noch an der Rückseite des Hexenturmes zu sehen. Im Hexenturm, der als Taubenturm errichtet wurde, hing ursprünglich eine Vesperglocke die zur Abendandacht geläutet wurde.

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Sportrestaurant in der Meierei 1940

In der alten Meierei befand sich in den 1940er Jahren ein Sportrestaurant. Zwei weitere Gastronomen bewirtschafteten das Jägerhaus und das Restaurant Hillgners im alten Herrenhaus am Rosenpavillon.

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Teller Restaurant Bürgerpark

Der Bürgerpark hat heute drei Steintore. Das pompöse Haupttor im Stiel eines Triumphbogens mit seinen beeindruckenden Putten ist allen bekannt. Daneben gibt es noch das verputzte Backsteintor in der Kreuzstraße und das 1929  mit Zufahrtsstraße errichtete kleine Schmucktor am alten Pumpwerk Wilhelm-Kuhr-Straße.

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Steintor u. Wirtschaftstraße Meierei

Tor und Straße wurden speziell für die wirtschaftlichen Bedürfnisse des Sportrestaurants  sowie der Tennisplätze und Hillgners Restaurant Bürgerpark gebaut. Die alte Meierei wird vom Bezirksamt Pankow als Lager benutzt.

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Vogelkäfige in der alten Meierei

Im Inneren sind noch Vogelkäfige, Futter und allerhand Gärtnereiutensilien für den Betrieb der Vogelvoliere  zu sehen.

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alte Meierei und Tennisplätze 2017

Die Tennisplätze wurden betoniert und sind heute Stellfläche für den Fahrzeugpark des Grünflächenamtes.

 

Autor: Christian Bormann, 25.05.2016

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 25.05.2016

Bilder: Bormann, historische Postkarten

Luftbild: Guido Kunze

Post von Schinder Schmidt

Beim Durchsehen meiner Ansichtskarten-Sammlung stieß ich auf einen kleinen Pankower Schatz. Es ist eine Ansichtskarte aus dem Jahr 1899. Die Karte wurde am 16. Januar im Wirtshaus zum Pankgrafen in der Schlossstraße 6, heute Ossietzkystraße, geschrieben. Der Absender war der Pankower Bauherr, Architekt und Pankgraf Carl Schmidt.

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Glückwünsche von Carl Schmidt 16.1.1899

Schinder Schmidt, wie er genannt wurde, gratuliert in dem Schreiben einem Erich Baumgart zur jüngsten Verleihung der Vollmitgliedschaft. Gemeint ist die Pankgrafenvereinigung die zu jener Zeit ihr Hauptquartier im Wirtshaus zum Pankgrafen hatte.

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Postamt 19 Pankow 16.1.1899

Carl Schmidt selbst war bekannt für seine rot braunen Klinkerbauten. Er baute unter anderem den Rathausanbau, das Gesundheitshaus und die Hauptpost. Seine Firma war in der Schönholzer Straße ansässig.

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Carl Schmidt Schönholzer Straße 1910

In der Pankrafen-/ Ecke Pestalozzistraße steht das von ihm erbaute Privathaus. Auf dem Giebel in etwa 8 Meter Höhe steht eine fast lebensgroße Plastik eines Pankrafen in voller Ritter-Rüstung.

Autor: Christian Bormann, 04.01.2016
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016

Restaurant Bellevue Breite Straße

Der Rheinländer Anton Ringel war neben seinen Tätigkeiten als Gemeindevertreter und Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr seit 1890 auch Präsident des Deutschen Gastwirtsverband. Der Träger des Deutschen Kronenordens 4. Klasse gehörte zu den großen Pionieren der Pankower Gastronomie.

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Werbe-Dose Restaurant Bellevue 1900

Begonnen hatte er mit Ringels Gesellschaftshaus in der Kreuzstraße 3 bis 4, heute noch als Tanzschule Schmidt-Hutten am Bürgerpark bekannt. In der Kreuzstraße 5 verbrachte ich meine Kindheit. Wir sammelten gerne die alte Flaschenverschlüsse, die hier noch zu hunderten im Erdreich steckten.

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A. Ringel’s Bellevue Breite Straße 21a

Mit seinem Gesellschaftshaus sammelte Ringel erste Erfahrungen, bevor er 1888 das Bellevue eröffnete. Mit dem neuen Standort Breitestraße 21a, schräg gegenüber dem Rathaus, gehörte das Bellevue zu den ersten Adressen am Platz. Eine Haltestelle der Elektrischen Straßenbahn trug maßgeblich zum Erfolg bei. Hiervon zeugt die Werbedose von 1900. Es schien wohl nicht mehr erforderlich, auf die Adresse des bekannten Restaurants hinzuweisen. Viel wichtiger war die Erwähnung der Haltestelle.

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Tanzschule W. Tietz im Bellevue 1905

Der berühmte Tanzlehrer Wilhelm Tietz unterhielt hier 1900 seine Tanzschule. Das Museum Pankow ist noch im Besitz einer sehr seltenen Werbedose, mit der historischen Ansicht des Restaurants.

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M. Höpfner’s Restaurant Bellevue 1902

Die kleine Blechdose ist wohl spätestens 1900 entstanden, denn auf den Ansichtskarten ab 1902 wird bereits M. Höpfner als Inhaber genannt. Neben dem Bellevue befanden sich zur Jahrhundertwende etwa ein Dutzend Gastwirtschaften am Pankower Anger.

Autor: Christian Bormann, 15.02.2016
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016