Pankow und das Dichterviertel der DDR

Ab 1950 realisierte die DDR-Regierung sogenannte Intelligenzviertel, drei davon in Berlin. Neben Grünau entstanden zwei weitere in Pankow-Niederschönhausen. Eines westlich der Waldstraße zwischen Kuckhoff-, Treskow- und Platanenstraße, Zentrum war der Fritz-Erpenbeck-Ring. Das zweite, welches als Dichterviertel und Künstlersiedlung bekannt ist, liegt zwischen Hermann-Hesse-, Heinrich-Mann-, Leonard-Frank- und Homeyerstraße, mit der Neuen Straße 201 im Zentrum. Bekannte Bewohner der Intelligenzsiedlungen waren unter anderem: Ruthild Hähne, Theo Balden, Max Linger (Straße 201, Nr. 2, Schöpfer des Bildfrieses in der Pfeilerhalle des heutigen Ministerium für Finanzen), Heinrich Emsen (Homeyerstraße 31), Grafiker Herbert Sandberg (Homeyerstraße 37), Bildhauer Will Lammert (Waldstraße 82, er schuf in den 50er Jahren das Denkmal für das Frauen-KZ Ravensbrück), Heinrich Dracke (Fritz-Erpenbeck-Ring 7, Schöpfer des Zilledenkmals am Märkischen Museum), der Mahler Fritz Dahn, Fritz Cremer (erschuf die J. R. Becher Bronze im Bürgerpark), Arnold Bronnen, Hedda Zinner, Fritz Erpenbeck, Ernst Busch, Ludwig Renn (Kuckhoffstraße 39), Erich Weinert, Horst Drinda (Fritz-Erpenbeck-Ring 16), Adolf Benecke (Fritz-Erpenbeck-Ring 5), Hans Grotewohl (Fritz Erpenbeck-Ring 12, Architekt und Sohn des Ministerpräsidenten Grotewohl), Prof. Dr. Samuel Mitja Rapoport (Kuckhoffstraße 45), Bodo Uhse (Kuckhoffstraße 39b), Oskar Nerlinger (Waldstraße), Gustav Seitz (Treskowstraße 11), Herwart Grosse (Platanenstraße 103a), Inge Keller (Kuckhoffstraße) die „Grand Dame“ des Deutschen Theater, sowie Willy Bredel, Kurth Barthel und Henryk Keisch.

Gedenkmauer am Dichterviertel

Nach dem Tod Erich Weinerts 1953 wurde ihm zu Ehren eine Gedenkwand mit seinem Zitat: „Den Gedanken Licht – Den Herzen Feuer – Den Fäusten Kraft“ an der Heinrich-Mann-/Ecke Hermann-Hesse-Straße errichtet. Aber auch am Rande und außerhalb der Intelligenzsiedlungen siedelten sich berühmte Pankower an. Hanns Eisler, der Schüler Arnold Schönbergs, der wiederum Begründer der Zwölftonmusik war, komponierte die DDR-Nationalhymne, die im Gegensatz zum Text des Pankowers Johannes R. Becher bis 1989 überlebte. Der Text J. R. Bechers „Deutschland einig Vaterland“ war beim großen roten Bruder nicht angesagt. Weiterhin Louis Fürnberg (Pfeilstraße), Autor Stephan Hermelin (Hermann-Hesse-Straße), Schauspieler Erwin Geschonneck (Homeyerstraße), Ernst Busch (Heinrich-Mann-Straße), Arnold Zweig (Homeyerstraße 13).

Protestbrief gegen Ausbürgerung

Im Zuge der Ausbürgerung von Wolf Biermann verfassten die fünf Vorstandsmitglieder des Schriftstellerverbandes der DDR einen Protestbrief an die Regierenden. Ihnen schlossen sich zahlreiche weitere Intellektuelle, Schauspieler, Musiker, Autoren und Bildende Künstler an, darunter auch viele Vertreter des Pankower Zirkels. Am 20. November 1976 traf sich ein Dutzend von ihnen in der Villa von Manfred Krug in Pankow. Darunter waren Jurek Becker, Frank Beyer, Angelica Domröse, Stefan Heym, Jutta Hoffmann, Heiner Müller, Ulrich Plenzdorf, Klaus Schlesinger, Dieter Schubert, Hilmar Thate, Christa und Gerhard Wolf, sowie Manfred Krug selbst. In der Wilhelm-Wolf-Straße 15 trafen sie sich mit drei abgesandten Regierungsvertretern, darunter ZK-Mitglied Werner Lamberz, zuständig für Agitation. In der Folge gab Manfred Krug am 19. April 1977 seinen Antrag auf Ausreise in die BRD ab. Am 20. Juni 1977 verließ Krug Pankow und die DDR über den Grenzübergang Bornholmer Straße.

Grenübergang Bornholmer Straße

Auch das Fest an der Panke hat seinen Ursprung im Jahr 1970 als vom Künstlerboulevard gefeiertes Fest am Anger. Hans Fallada, der nach Kriegsende im Notkrankenhaus Niederschönhausen verstarb und Johannes R. Becher, der vom Majakowski-Ring wirkte, sollen hier auch noch kurz erwähnt sein. Ihm zu Ehren nannte der Ost-Berliner Magistrat die Breite Straße in J.-R.-Becher-Straße um. Diese Umbenennung wurde 1991 wieder rückgängig gemacht.

Autor: Christian Bormann, 22.09.2014
technische Leitung: Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 06.02.2016

Bilder:
Hintze CPS

Quellen:
Ralph Hoppe/Pankow im Wandel der Geschichte

Die Geschichte vom Rosenthaler Herbst

Seit 1973 findet alljährlich am dritten Septemberwochenende der Rosenthaler Herbst statt, kurz nach dem Fest an der Panke.

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Rosenthaler Herbst 2016
Im traditionellen Sinne ist es das Rosenthaler Erntedankfest, pünktlich zum Herbstanfang.

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Niklas und „Die Freunde der Feuerwehr“
Ins Leben gerufen von einigen Heimatfreunden gibt es einen Festumzug, bei dem unter anderem die Geschichte des inzwischen ca. 780 Jahre alten Dorfes dargestellt wird.

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Herbstfest 2016
Ähnlich wie beim Fest an der Panke gesellten sich sehr bald Vereine, Gastronomen, Schausteller und Musiker hinzu.

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Pankow Rosenthal 2016
Mit Live-Bühnen und Feuerwerk gehört es heute zu den beliebtesten und im Umland bekanntesten Volksfesten in Pankow.

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Video: Stimmung beim Rosenthaler Herbst

Autor: Christian Bormann, 17.09.2014
technische Leitung:Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 06.02.2016/22.09.2016

Die Pankower Mühle in Groß Beesten

Bis zum 28. November 1810 herrschte um Berlin noch Mühlenzwang. Das hieß, Pankow, sowie Niederschönhausen, Wedding und Teile von Reinickendorf, mussten ihr Getreide in Pankow mahlen lassen. Diese Aufgabe übernahm ab 1749 zunächst die Windmühle am Mühlenweg bei den Lehmbergen, heute Mühlenstraße. Als der Mahlzwang 1810 aufgehoben wurde, kamen weitere hinzu. So auch die Mühle in der Berliner Straße.

Mühle Pankow Berliner Straße Borckumstraße

Erbauer war 1857 der Müllermeister A. Geiseler, ab 1885 übernahm der Müller Hermann Pape die Mühle. Ihr Standort war das heutige Grundstück Borkumstraße 7 und 8. Um 1902 wurde diese Pankower Mühle verkauft, abgebaut und in Groß Beesten bei Königs Wusterhausen wieder aufgebaut. Das ab- und aufbauen von Mühlen war damals üblich. So war auch die Niederschönhausener Bockwindmühle von Heinrich Pieckenhagen, Charlottenburger-/Ecke Nordendstraße, eine Gebrauchte.

Niederschönhausen Mühle Pickenhagen

Sie gehörte zuvor dem Müller Neumann und stand in der Seestraße. In der Wilhelm-Kuhr-Straße 79, damals noch Spandauer Straße, stand bis 1865 die Mühle von Müller Eduart Pieckenhagen. Im Bürgerpark westlich vom Pavillon war im 18. Jahrhundert noch eine Papiermühle, diese wurde aber durch ein Pankehochwasser zerstört. Neu wieder aufgebaut brannte sie nur wenig später nieder.
In Rosenthal erinnerte noch lange das Gasthaus „Zur Mühle“ an den alten Standort.

Mühle Rosenthal

Auch die Windmühle in Blankenfelde war um 1900 ein beliebtes und weit verbreitetes Postkartenmotiv.

Mühle in Blankenfelde bei Pankow

In Heinersdorf lag die Mühle auf einem kleinen Hügel vor dem Rathausturm, heute als Wasserturm bekannt.

Mühle Pankow Heinersdorf

An der Prenzlauer Promenade/Ecke Treskowstraße befand sich die Mühle von Müller Johan Christian August Kleinau, der hier von 1883 bis 1907 arbeitete.

Pankow Prenzlauer Promenade

Der Standort war schon älter, 1861 brannte hier eine Mühle durch Blitzschlag ab. Die wieder aufgebaute Mühle hielt bis 1863, als sie ebenfalls durch ein Feuer vernichtet wurde. Die Hauptmühle in Buchholz stand in der gleichnamigen Mühlenstraße auf dem Mühlberg seit 1830, bis sie 1902 abbrannte.

Mühle in Buchholz Pankow

Um 1903 wieder aufgebaut blieb sie noch bis 1927 in Betrieb und wurde 1950 abgerissen. Die zweite Buchholzer Mühle befand sich an der Pasewalker Straße, sie gehörte der Familie Krüger und war von 1850 bis 1923 in Betrieb bis sie 1955 ebenfalls abgerissen wurde. Zurück zur Pankower Mühlenstraße. Auf dem Gelände der heutigen Aral-Tankstelle befand sich bis in die 60er Jahre die letzte Pankower Mühle. Trotz Denkmalschutz wurde sie abgerissen, um Parkraum für die ansässige Spedition zu schaffen. Mit einer Geldbuße an den Magistrat von Berlin war das Kapitel Pankower Mühlen nun für immer Geschichte.

Autor: Christian Bormann 16.09.2014
technische Leitung: Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 06.02.2016

Bilder: historische Aufnahmen

Geschichte vom Fest an der Panke

Seit 1970 feiern die Pankower alljährlich am 2. Septemberwochenende ihr Fest an der Panke, auch einfach Pankefest genannt.

pankowerchronik.blog.de
Fest an der Panke, 1986

Pankower Künstler aus der Künstlerkolonie, auch als Dichterviertel bekannt, welches sich entlang der oberen Heinrich-Mann-Straße, zwischen Heinrich-Mann-Platz und Schönholzer Heide befand, luden zum Künstlerboulevard am alten Anger ein. Über die Jahre kamen Schausteller, Gastronomen, Markthändler und Vereine hinzu.

pankowerchronik.blog.de
Fest an der Panke, 1986

Aus dem einstigen Künstlerfest wurde ein Volksfest. Ein großer Teil der Künstler fand im Pankower Kunstfest ein neues Zuhause. Aber auch das heutige Fest an der Panke wäre nicht denkbar ohne die Künstlermeile in der Ossietzkystraße, die fester Bestandteil des Pankefests ist.

Autor: Christian Bormann 04.09.2014
technische Leitung: Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 06.02.2016

Bild: Helnut Alber,Hintze CPS