Anlass für diese kleine Geschichte war ein Besuch in der Schönholzer Heide mit Christian Badel. Zu meinem Entsetzen musste ich feststellen das der Sockel, auf dem einst der Schützenpokal stand, zerschlagen wurde.
Zeitungsauschnitt 1936
Es hat einige Jahre gedauert, die zwei Sockel zu bestimmen, die heute noch am versunkenen Heide-Theater stehen. Auch der Sockel der Weberstatue wurde beschädigt. Was den kleineren der Beiden angeht, so war es jahrelange Recherche bis ich ihn eindeutig dem Schloss Schönholz zuordnen konnte. Der Pokal wurde von der Schützengilde installiert, als sie das alte Planteuerhaus als Vereinsheim übernahm.
Christian Badel an den Resten der Weißen Säule 2017
Letztendlich war es ein Zeitungsartikel, der mich auf die Spur brachte. Mit Lageplänen des Lunalagers und vom Traumland Schönholz machten wir uns daran, den einstigen Standort von Schloss Schönholz noch einmal auszumessen. In alten Zeitzeugenberichten war oft die Rede von einer „Weißen Säule“.
polnische Teilnehmer an einer Fortbildung, Schloss Schönholz 1940
Ich hatte von Anfang an die Vermutung, dass es sich bei der sogenannten „Weißen Säule“ am Schloss um den Steinpokal handeln könnte. Auf einem Foto vom Museum Pankow sind die Teilnehmer eines Fortbildungslehrganges von 1940 vor der Säule zu sehen. Deutlich zu erkennen ist das P-Abzeichen auf Ihrer Kleidung.
Badel beim Zeichnen am Heide Theater 2017
Auch im Schloss Schönholz waren bis Kriegsende Zwangsarbeiter untergebracht. Der Steinpokal war tatsächlich sehr hoch, vor allem war er aber prächtig verziert. Er stand vermutlich, wenn auch in beschädigter Form, noch bis zum Abriss von Schloss Schönholz nach dem Zweiten Weltkrieg. In den Bauamtakten vom Heide-Theater ist die Weberstatue im Ganzen zu sehen und als Statue bezeichnet. Der Pokal aber ist nur als unbestimmtes Qadrat im handgezeichneten Lageplan zu finden.
Illustration Christian Badel 2017
Nachdem es nun so lange dauerte die Herkunft zu erforschen, schmerzt mich der Anblick des zerschlagene Sockels ganz besonders. Über hundert Jahre und zwei Weltkriege blieb er stehen, um dann in einer Nacht zerschlagen zu werden. Ich habe Christian Badel gebeten, die Reste noch einmal für mich zu zeichnen. Die nächsten zwei Winter wird der Sockel nicht überstehen und so verschwindet das letzte Stück Schloss Schönholz.
Anlass für diese Geschichte ist ein kleiner, unscheinbarer Sockel. Genauer gesagt sind es zwei. Den zweiten kleineren Sockel konnte ich bei meinen Recherchen „Auf den Spuren von Schloss Schönholz“ zuordnen.
Das „Rettschlagtor“ empfing seine Gäste an der Hermann-Hesse-Straße, damals Bismarckstraße. Dahinter befand sich das ehemalige Gutshaus Schloss Schönholz. Hans Rettschlag betrieb hier seine Gastwirtschaft nebst erweitertem Tanzsaalanbau. Später stand hier das heute versunkene Heide Theater.
„Rettschlagtor“ 2017, heute rückwärtige Einfahrt vom Paul-Zobel-Sportplatz
Für die Geschichte habe ich mich mit meinem Bekannten, dem Künstler Christian Badel in der Schönholzer Heide verabredet. Ich schätze seine kolorierten Zeichnungen sehr. Die Kinderillustrationen ebenso sehr wie die historischen Pankower Ansichten. So verabredeten wir uns kurzerhand zu dieser und weiteren Geschichten.
Rätselhafter Sockel am Heide Theater
Hinter dem Retschlagtor liegt das Heide-Theater und an seinem Foyer steht noch der mächtige Sockel einer überlebensgroßen Statue. Als Jugendlicher habe ich mich geradezu unter der Schönholzer Heide durchgewühlt. Bis Ende 2016 gelang es mir nicht, die fehlende Plastik zu bestimmen.
Kleiner Pokalsockel der Schützengilde vom Schloss Schönholz 2017
Anders verhielt es sich bei dem zweiten, weitaus kleineren Sockel. Diesen konnte ich als Überrest des einstig als Schützenhaus genutzten Gutshauses Schönholz identifizieren. Altersbestimmung des Sockels und ein archivierter Zeitungsausschnitt machten es möglich. Auf dem Sockel, der im rückwärtigen Garten stand, befand sich noch bis in die 1940er Jahre ein Schützenpokal aus Steinzeug.
Carl Maria von Weber-Plastik in der Schönholzer Heide
Im Februar 2017 traf ich mich mit dem Freundeskreis der Chronik Pankow e.V. zu einer Begehung in der Heide. Inhalt des Treffens war ein Gedankenaustausch anlässlich ihrer aktuellen Ausstellung über die Schönholzer Heide.
Weberdenkmal vermutlich zur Einweihung
Es war Frau Mach vom Freundeskreis der Chronik Pankow die mich darauf hinwies, dass es sich einst um die Statue von Carl Maria von Weber handelte. Frau Mach war es auch, die mir diese historischen Aufnahmen gab. Sie selbst war als junge Frau Gast im einstigen Freilichttheater. Meine Neugier war geweckt.
Weber-Sockel Christian Badel 25.06.2017
Und tatsächlich wurde ich in den Sammlungen der Deutschen Weber Stiftung fündig. Der am 18. oder 19.11.1786 in Eutin geborene Komponist, Dirigent und Pianist Carl Maria Friedrich Ernst von Weber war in Pankow. Das geht aus den Reise-Briefen Webers hervor.
Historische Nachillustration Christian Badel 25.06.2017
In tagebuchähnlichen Eintragungen heißt es beispielsweise: „Sonntag 28. Juni 1812 Berlin, Pankow“ – nach Pankow zu Jord. Fried. gefahren, – mit Jettchen angezettelt, Kutscher Trinkgeld
Oder an anderer Stelle: „Mittwoch 22. Juli 1812 Berlin, Pankow“ – Mittag zu Hause, -Nachtische nach Pankow zu Kielemann und Hellwigs morgenden Geburts. gefeiert, gesungen, gespielt der arme Fuchs um 2 Uhr nach Hause fuhre.
Im Zusammenhang mit dem einstiegen Heidetheater stand Weber hier wohl goldrichtig. Frau Mach erzählte weiter, dass sich im Nachlass des Bildhauers eine Miniatur der Weber-Statue befand. Die Deutsche Weber Stiftung lehnte den Ankauf seiner Zeit ab. Der weitere Verbleib der Miniatur ist nicht bekannt.
Christian Badel beim zeichnen des Weber-Sockels
Vielen Dank Christian für den schönen Nachmittag und die historische Illustration der Geschichte.
Christian Badel (links), Christian Bormann (rechts) Juni 2017 Schönholz
In Pankow wird das Schützenhaus Schönholz schon gern einmal Schloss Schönholz genannt. Mit dem historischen „Schloss Schönholz“ hat es aber nur eine Gemeinsamkeit. Es wurde von der Berliner Schützengilde genutzt.
Schloß Schönholz um 1885
Aus einem um 1800 erbauten prächtigen Gutshaus, das einst der Königinplantage angehörte, wurde 1872 bis 1884 Henriette Jenrich’s Höhere Mädchenschule.
Kartenmaterial Schönholz
Das Innere des Hauses war als Teil der Königinplantage von je her so pompös ausgestattet, dass die Bürger über die Grenzen Pankows hinaus von Schloss Schönholz sprachen.
Eckpfosten des Ur-Schlosses 2017
Die Berliner Schützengilde kaufte vor 1900 das schon stark verwitterte alte Schloss und ließ An- und Abbauten vornehmen. Der Mittelteil blieb aber erhalten.
Autor Christian Bormann am Pokalsockel
In den meisten Publikationen ist zu lesen, dass die Berliner Schützengilde, nachdem sie das Schützenhaus gebaut hatten, das Schloss abreissen ließen. Das stimmt so schnell nicht. Der Mittelteil der einstigen Mädchenschule blieb immer erhalten.
Der Autor beim einmessen des Schlosses
Die Schönholzer Heide war seit der Jahrhundertwende eine stark frequentierte Feiermeile, durch Nordbahn und Vorstadtwagen gut zu erreichen. Das Schloss Schönholz lag damals am Kreuzungspunkt verlängerte Heinrich-Mann-Straße Ecke verlängerte Tschaikowskistraße.
Abgleich der Karten Vergnügungspark Lunalager
Verlängert man beide Straßen auf der Karte bis in die Heide, so erhält man die alte Wegkreuzung. Rechts der Kreuzung ist der wahre Standort des damaligen Schlosses Schönholz und der damit verbundenen Restaurationen Schloss Schönholz.
Kreuzung am Schloss Kaiserin Augusta Ecke Straße nach Schönholz
Eine Zeichnung in einem Zeitungsartikel zeigt das alte Schloss Schönholz mit Pokalschale. Die Zeitung wurde von einem Historiker auf 1943 datiert. Das kann nicht richtig sein, denn 1943 waren im Schloss bereits Zwangsarbeiter untergebracht. Im Zeitungsartikel ging es um die 500-Jahr-Feier der Schützengilde. So konnte ich die Zeitung auf 1933 datieren.
500 Jahrfeier und Schützenpokal im Hof des alten Schlosses 1933
Neben dem damals noch neuen Schützenhaus am Westende der Colonie Schönholz bestand auch das alte Schloss Schönholz noch bis 1945. Auf Messplänen des Areals des Vergnügungsparks und des Lunalagers ist das Schloss noch verzeichnet.
Lagekarte Traumland Schönholz
Zusätzlich gibt es noch 2 Luftbilder der Kolonie Schönholz. Die Aufnahme von 1943 zeigt die Heide, das Zwangsarbeiterlager und das alte Schloss Schönholz.
Lagekarte Luna Lager
Auf der Luftaufnahme von 1945 ist die Zerstörung durch Fliegerbomben deutlich zu sehen. Die hier im Lager untergebrachten Zwangsarbeiter, die meisten davon Frauen, arbeiteten in der Rüstung, waren also Opfer und Ziel.
Luftbild Schönholz 1943
Die Schönholzer Heide war am Ende des Krieges ein riesiges Schlachtfeld, Gräber soweit das Auge reichte. Hiervon zeugt heute noch der kleine Ehrenhain kurz hinter dem Luna Lager.
Luftbild Schönholz 1945
Die Sowjets unterteilten die Schönholzer Heide in 3 Areale. Großflächig kamen nach dem Krieg jahrelang immer wieder Plannierraupen zum Einsatz. Vom Schloss Schönholz blieb nur ein kleiner Sockel übrig.
Letzter Baukörper vom Schloss, Sockel vom Schützenpokal um 1900
Auf den Resten des rückwärtigen Gartens des Saalbaus „Restauration Schloss Schönholz“ wurde das Heide Theater errichtet. Der Sockel, auf dem bis 1933 ein in Stein gehauener Pokal stand, ist das letzte Originalteil des Ur-Baukörpers des alten Gutshauses.
Schönholz Schützenhaus, heute fälschlicherweise auch Schloss genannt
Zur Absicherung meiner bauzeitlichen Einordnung habe ich mir Stuckateurmeister Jürgen Liebe zur Seite geholt. Er konnte mir die zeitliche Einordnung der Reichsformatziegel und des Betonputzes bestätigen.
Reste der Barock- und Reichsformatziegel
Der zweite und größere Sockel, auf dem einst die Kopie einer Carl Maria von Weber Plastik stand konnte ich nicht sicher datieren, da der Sockel komplett vom Putz umhüllt ist und die Art des Putzes zwar sehr alt aber nach dem Krieg noch gängig war.
Sockel 2. C.M. Weber Denkmal
Festzuhalten bleibt, dass trotz aller An- und Abbauten, die das Schloss in fast 50 Jahren nach Kauf durch die Berliner Schützengilde erfuhr, der Urbaukörper im Teil des Ensembles waren bis zu ihrer Zerstörung beim Fliegerangriff auf Schönholz.
Autor: Christian Bormann, 27.02.2017
red.Bearbeitung: Martina Krüger, 27.02.2017
Bilder: Christian Bormann, MVP, Bundesarchiv, historische Postkarten
Als Idee aus einer Trommelgruppe heraus entstand 1994 das „Trommelfest Pankow“. Schon das 1. Fest, damals noch im Bürgerpark, lockte zahlreiche Besucher. Im Jahr darauf erschienen die Besucher noch zahlreicher.
Zum Schutz der Bürgerpark Anlage suchte das Bezirksamt einen neuen Veranstaltungsort. Mit Erfolg. Im Juli 1996 wurde das „Trommelfest Pankow“ unter dem Namen „RAKATAK“ auf dem bezirkseigenen, historischen Schützensport-Gelände Schloss Schönholz gefeiert.
Christian u. Zakrya beim Aufbau 2016
Der Name „RAKATAK“ stammt vom gleichnamigen Instrument. Neben den inzwischen 2 Festbühnen gibt es zahlreiche Bastelstände für Jung und Alt. Mit einer großen Bar und verschiedenen Köstlichkeiten ist für das leibliche Wohl der Besucher gesorgt.
RAKATAK 2015
Auf einem internationalen Markt können Instrumente und Waren aus aller Welt bestaunt werden. Mit 150 ehrenamtlichen Helfern ist „RAKATAK“ vermutlich die größte jährliche Leistung dieser Art in Pankow.
RAKATAK 2015
Für das Jahr 2000 konnten die Veranstalter bereits 5000 Besucher aus Berlin und Brandenburg vermelden. Das erinnert an historische Zeiten, als Pankow und Schönholz um die Jahrhundertwende jedes Wochenende von Tausenden feierlustigen Berlinern besucht wurde.
hintere Festwiese 2016
Durch die Bezirksreform zum Großbezirk Pankow wuchs mit Prenzlauer Berg und Weißensee auch der Verbund der Jugendkulturzentren.
vordere Festwiese 2016
Inzwischen gibt es auch eine eigenständige Musikgruppe Rakatak. Diese Gruppe trägt ihren Namen mit freundlicher Genehmigung der RAKATAK Veranstalter.
Internationaler Markt
Zu den Ausrichtern von „RAKATAK“ zählen heute der Lade Club, die Garage Pankow, die Mühlenstraße 24, die Königsstadt und Maxim. Schirmherrin der Veranstaltung ist Christine Keil Bezirksrätin und Leiterin der Abt. Jugend und Immobilien.
Am bekanntesten ist der oberirdische Heide-Bunker auch Luna-Bunker genannt. Er liegt an der Hermann-Hesse-Straße zwischen Paul-Zobel-Sportplatz und der Schießanlage Schloss Schönholz.
Ursprünglich zum Schutz der Pankower Bevölkerung vor Fliegerangriffen gedacht, hatte er als Schutzbunker schnell ausgedient. Aufgrund der massiven Zunahme der Vergeltungsangriffe auf Berlin wurden eiligst Schutzräume in den Kellern der Berliner Mietskasernen angelegt.
Auch das Schloss Schönholz und die Thiemann’schen Festsäle vor Schönholz beherbergten Zwangsarbeiter, die unter anderem bei Bergmann Borsig und in den Argus Motorenwerken arbeiteten.
Das Lunalager, wie die Pankower das Zwangsarbeiterlager nannten, wurde militärisch gesichert und bewacht. Die entsprechenden Erdbunker bzw. Geschütztürme mit ihren Schießscharten Richtung Heide existieren heute noch südlich und nördlich der Straße vor Schönholz.
Turm Eins befand sich zwischen Sperrgebiet der innerdeutschen Grenze und einer nicht mehr existenten Kleingartenanlage, Turm Zwei stand auf einem privaten Hofgrundstück direkt an der Heide. Vor der Öffentlichkeit verborgen überdauerten Sie die Zeit.
Da sind jene, die den Bunker als Erinnerung der Schande am liebsten heute noch selbst abreissen wollen und andere, die den Bunker als Mahnmal erhalten möchten.
Ich selbst sehe keinen Grund, hunderttausende von Euros zu verbrennen, um ein Bauwerk zu vernichten, das niemanden stört, Neugierige nach Schönholz lockt und dazu einlädt, sich mit Pankows Geschichte zu beschäftigen.
Bei meinen Recherchen zum Luna Bunker stieß ich in einem NVA-Forum auf die Aussagen von Ex-Militärs. Diesem Personenkreis zufolge sollte es am Ende von Friedhof 6 einen weiteren unbekannten Bunker geben.
Belege für die Existenz von Bunker Zwei ließen sich bis 2016 nicht finden. Friedhof 6 wurde direkt hinter dem Sportplatz für innerstädtische Bombenopfer angelegt.
Auf Grund der vielen Opfer überwuchs der Friedhof das „Luna Lager“ allmählich . Von Friedhof 6 existiert heute nur noch eine kleine vergessene Märchenwelt.
Die ursprünglichen Außengrenzen sind für gute Beobachter noch zu erkennen.
Am nördlichen Ende der Friedhofswiese liegen heute die vier Knochenberge, unter ihnen liegen nicht nur die Reste von Friedhof 6.
Sie hatte ihr Spielzeug unter einem Stahlträger in der Wiese versteckt.
Was für eine Überraschung. Der Träger gehörte zur Deckenkonstruktion von Bunker Zwei.
Ausgerechnet an der von den Militärs beschriebenen Stelle. Einen Zugang gibt es hier nicht, wer unter den Stahlträger kriecht stößt gleich auf eine Außenwand.
Zu Bunker Zwei lassen sich heute keinerlei Dokumente mehr finden.Vermutlich wurde er in der Zeit des „Luna Lagers“ gebaut und von den Sowjets und der NVA noch in den 1950er Jahren genutzt.
Das ehemalige Zwangsarbeiterlager war weggebombt. Auf dem Schlachtfeld Schönholzer Heide entstand ein Sammelplatz für Kriegsreparationen.
Alles was die Sowjets im Bereich Pankow an Industrieanlagen demontierten, wurde in der Heide gesammelt, registriert und von hier aus in die Sowjetunion verfrachtet.
Eine dritte unterirdische Anlage liegt zwischen Friedhof 6 und dem versunkenen Heidetheater.Es handelt sich um mehrere zusammenhängende Versorgungsräume, die bis 2012 noch zugänglich waren. Aufgrund der verwendeten Baustoffe lässt sich die Erbauung auf die 1930er Jahre zurückführen. Das heißt, die ursprüngliche Nutzung fällt in die Zeit des „Traumland“ sowie des „Luna Lager“.
Höchstwahrscheinlich wurden die Räumlichkeiten auch zu DDR-Zeiten als Versorgungsräume für das Heidetheater genutzt. Bis 2012 dienten diese Räume der Zigarettenmafia als Warenlager, vermutlich aus diesem Grund ist der Zugang von Bezirksamtsmitarbeitern unter Erdreich und Fundamentbrocken versteckt worden.
Neben den zwei Heide-Bunkern mit ihren zwei Wach- und Schützenbunkern sowie den alten unterirdischen Versorgungsräumen von „Traumland“ und „Luna Lager“ existieren noch 3 weitere versteckte Einstiege zu Versorgungsschächten. Die Einstiege liegen auf dem Flurstreifen zwischen Heide Theater und dem großen Hohenzollern-Berg. Stufen aus Armiereisen sind zwischen den roten, im Kreis vermauerten Klinkern einbetoniert. Die Schächte wurden in den 1950er Jahren mit Militärschrott verfüllt, tausende Kleinteile von Gasmaskenfiltern über Uniformknöpfe und Munitionsabfälle vermischt mit Erdreich.
Alle 10 Jahre taucht der eine oder andere Schachteingang durch Erosion wieder auf, das Bezirksamt ist seither bemüht, diese Einstiege eilig wieder zu verstecken. Würden Besucher hier beim Stöbern in einem dieser Schächte auf Munition stoßen, was unvermeidlich wäre, hätte dies für den Bezirk enorme Kosten zur Folge. Nach einer Munitionsfundanzeige müsste von Amtswegen der gesamte Gefahrenbestand erkundet und gesichert werden. Das würde großflächige und kostenintensive Baggerarbeiten sowie weiträumige Absperrungen der Schönholzer Heide bedeuten. Das will niemand!
Und so bleibt es dabei, wo nichts zu sehen ist, da ist auch nix.
Vom Standpunkt der Hermann-Hesse-Straße ausgehend, liegt hinter dem Paul-Zobel-Sportplatz ein kleines eingezäuntes Grundstück im Herzen der Schönholzer Heide. Das abgezäunte Areal ist der von der Öffentlichkeit fast vergessene Friedhof 6 für innerstädtische Bombenopfer.
Friedhof 6
Ursprünglich erstreckte sich der Friedhof vom Sportplatz bis zu den Knochenbergen auf Bunker 2. Die kleinen Hügel sind die oberirdisch geräumten Reste des Friedhofes. Auf den Hügeln spielen die Hunde und auf den so entstandenen Wiesen vergnügen sich heute Familien in ihrer Freizeit.
Sogenannter „Knochenberg“
Die Ursprünglichen Abgrenzungen des Friedhofs 6 sind für gute Beobachter heute noch zu erkennen. Beim Asphaltieren der Fahrradstrecke durch die Heide wurden erst kürzlich die letzten Torpfeiler entfernt.
Trampelpfad
Hin und wieder bringt das Wurzelwerk der Bäume noch kleine Knochenreste, Sargbeschläge und Urnenschilder an die Oberfläche.
Friedhof, Blickrichtung „Knochenberge“
Der noch nicht geräumte, eingezäunte Teil des geschlossenen Friedhofs 6 liegt direkt am Sportplatz, getrennt nur durch einen alten Pflasterweg.
Pflasterweg zwischen Friedhof und Sportplatz
Im Zaun fehlen immer wieder einzelne Felder. Notdürftig mit Ästen und Zweigen geflickt lädt das nicht ausgeschilderte Grundstück Neugierige zum Erkunden ein.
Einfriedung am Bunker 1
Mit wenigen Schritten verlässt der Besucher den gewohnten Anblick der Heide und befindet sich in der Märchenwelt von Friedhof 6. Kleine, vor 70 Jahren an Gräbern angelegte Pflanzungen sind heute zu stattlichen Bäumen herangewachsen.
Grabstein
Einst als Schmuck gedacht haben einige dieser Bäume die massiven Grabsteine umgeworfen oder in Gänze überwachsen.
Grabstein
An der V-Birke lädt eine alte kleine Holzbank den Besucher wie eh und je zum Verweilen ein. Von den Bäumen hängen Rankelpflanzen, durch das Geäst sind die Gräber zu sehen.
V-Birke mit Sitzbank
Die Holzsärge sind längst verrottet und die Gräber eingefallen. Sie bilden eine wellenförmige Öberfläche, die von Rankelpflanzen überwuchert ist.
Grabstein
Kleine, von Baumästen überdachte Wege schlängeln sich zwischen den Gräbern entlang. In Abständen sind noch stehende und liegende Grabtafeln zu erkennen.
Grabstein
Die Wasserbecken zur Grabpflege und antike Grabblumen aus Metall und Kunststoff haben die Jahrzehnte überdauert.
Wasserstelle
Der grüne Baumgürtel, unter dem sich die Grabstellen verbergen, liegt wie ein Kragen um die kleine Märchenwelt, in deren Mitte sich eine kleine Wiese befindet.
Von dieser Wiese ausgehend, wird der Friedhof 6 die nächsten Jahre Stück für Stück abgetragen und durch Räumung verschwinden.
Im 19. Jahrhundert kämpfte Berlin noch gegen die Tuberkulose. Kinder und geschwächte Menschen waren besonders anfällig für diese Krankheit.
Eingang um 1904
Zur Behandlung der Tuberkulose gehörte die Luftkur. Aus diesem Grund wurden Ende des 19. Jahrhundert zahlreiche Lufterholungsheime um Berlin errichtet.
Luftkurheim Schönholzer Heide
Eine dieser für diese Zeit typischen Einrichtungen war die Wald- Erholungsstätte Schönholz. So schlug man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.
Besucher u. Patienten in der Heide
Die Patienten entkamen der durch Fabriken stark verschmutzten Stadtluft und gleichzeitig waren sie isoliert. So minderte sich auch die Übertragungsgefahr.
Frischkuftkur in Schönholz
Die Wald-Erholungsstätte wurde vom Volksstättischen Verein des Roten Kreuz und dem Vaterländischen Frauen Verein Pankow-Niederschönhausen-Schönholz betrieben.
Patientinnen vor ihrer Baracke
In der Erholungsstätte wurden auch Nervenschwäche, Blutarmut, Rachitis und Magenkrankheiten behandelt. Später befanden sich auf dem Areal Rasentennisplätze und eine große Sportwiese.
Autor: Christian Bormann
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016
Seit 1913 betrieb die private Hochbahngesellschaft die „Centrumslinie“ vom Spittelmarkt bis Alexanderplatz, heute ein Teilstück der U2. Schon kurz darauf wurde die Linie bis zum Bahnhof Nordring, dem heutigen Bahnhof Schönhauser Allee weitergeführt. Die Dorfgemeinde Pankow forderte schon 1905 bei Bekanntwerden der Hochbahnpläne für Berlin eine Verlängerung bis zum Pankower Anger.
U-Bhf Vinetastraße 1959
Das Hochbahnviadukt zwischen U-Bhf Senefelder Platz und Bahnhof Nordring entstand mangels Kapitals. Es galt, die enormen Kosten vom Spreetunnel sowie der Tunnelanlagen Klosterstraße und Spittelmarkt zu kompensieren. Erst 1927 griff die Hochbahngesellschaft die Forderung der Pankower Gemeindevertreter nach einem eigenen U-Bahnhof auf. Die Bauarbeiten begannen noch im selben Jahr.
U-Bhf Vinetastraße 1960
Geplant war eine Verlängerung bis zur Pankower Kirche. Das Hochbahnviadukt wurde am Bahnhof Nordring von 12 Metern auf eine Stützenbreite zu 28,5 Meter erweitert und bis zur Bornholmer Straße verlängert. An der Berliner Straße begann die sogenannte Rampe, die in einen Erdtunnel führte. Die Strecke nach Pankow konnte nicht oberirdisch weitergeführt werden. Geplant war eine Verlängerung bis zum Pankower Anger, die U-Bahn hätte so den quer verlaufenden Damm der Stettiner Bahn am heutigen Bahnhof Pankow kreuzen müssen.
Dies wäre nur unterirdisch möglich gewesen. Der U-Bhf Pankow-Vinetastraße nahm seinen Betrieb am 29.Juni 1930 auf. Die Planungen zum Zweiten Weltkrieg und die damit verbundenen Kosten verhinderten eine Weiterführung der U-Bahnlinie bis Pankow Kirche. Der Tunnel selbst reichte bis zur Masurenstraße hier befand sich unter der Berliner Straße die Kehranlage.
Auf dem Hohenzollern-Berg Schönholzer Heide 2015
So mussten sich die Pankower bis ins Jahr 2000 mit dem U-Bhf Vinetastraße zufrieden geben. Bei den Erdarbeiten 1927 entlang der Berliner Straße entstanden enorme Mengen an Abraum. Die Gemeinde war verantwortlich für die Entsorgung, so entschlos man sich kurzerhand, fast den gesamten Aushub in die Schönholzer Heide zu verbringen und für die Pankower Bevölkerung Rodelberge anzulegen. Am Ende der Heinrich-Mann-Straße sowie am Ende der Tucholskystraße befinden sich zwei Eingänge in die Schönholzer Heide.
Hohenzollern-Berg an der Friesenstraße Schönholzer Heide
Beide Eingänge liegen etwa 150 Meter voneinander entfernt. Die dort beginnenden Wege verjüngen ihren Abstand zueinander, bis sie an der Friesenstraße auf die höchste Erhebung in der Schönholzer Heide treffen. Zwischen beiden Wegen befinden sich abwechselnd große und kleine Erdhügel, zwischen ihnen befindet sich auch das versunkene Heide Theater. Dieser kleine „Bergkamm“ sowie die mit einer Steintreppe verzierte Erhebung an der Friesenstraße werden seit 1927 „Die Hohenzollern-Berge“ genannt.
Autor: Christian Bormann 23.11.2015
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016
Das Seebad Grande, zumindest der Name und die zahlreichen historischen Postkarten, ist vielen Pankowern noch bekannt. Die Legende vom Kriegsschatz im Wilhelmsruher See kennen nur wenige. Bereits die Nationalsozialisten hatten Ende der 1940er Jahren vor, das alte Seebad in Wilhelmsruh auszubauen.
Frauen-Turn-Verein am Wilhelmsruher See 1931
Nachdem Deutschland immer mehr Kriegsschauplätze zu unterhalten hatte, wurden viele solcher Projekte gestoppt. Es galt, vorrangig die Fronten zu versorgen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg lag Wilhelmsruh in der sowjetisch besetzten Zone. Auch unter den Kommunisten gab es Anfang der 1970er Jahre den Plan, das Seebad in Wilhelmsruh wieder herzustellen.
Helfer des Nationalen-Aufbau-Werk 1956 Schönholzer Heide
Im Auftrag des Nationalen-Aufbau-Werks begannen Helfer am Wilhelmsruher See den Schlamm abzupumpen und in die Schönholzer Heide zu bringen. Im Rahmen dieser Arbeiten war mein Großvater mit einem LKW der Borsig-Werke unterwegs zu den Pankower Bauernhöfen und Äckern. Ihre Aufgabe war es, Findlinge einzusammeln und nach Schönholz in die Heide zu bringen.
Verfüllte Tanzfläche des Heide-Theaters
Während der Schlamm aus dem Wilhelmsruher See im gerade erst aufgegebenen Heide-Theater verteilt wurde, fanden die Helfer Unmengen an Schmuck und Wertgegenständen. Die Arbeiten wurden unterbrochen und durften erst unter Aufsicht der Volkspolizei wieder aufgenommen werden. Schnell war klar das die Funde Wilhelmsruher Bürgern zuzuordnen waren.
Mit Schlamm aus dem Wilhelmsruher See verfülltes Heide-Theater
Kurz vor dem Einmarsch der Sowjets hatten viele Anlieger ihr wertvolles Hab und Gut im flachen Wilhelmsruher See versenkt, in der Hoffnung, es später bergen zu können. Auf die Volkspolizei folgten dann sowjetische „Zuständige“ die sich um die Funde kümmerten. Das versprochene Seebad gab es auch unter den Kommunisten nicht. Was genau geborgen wurde, wieviel es wert war, und wo es verblieben ist, ist in keinem Archiv verzeichnet. Und so bleibt der Kriegsschatz aus dem Wilhelsmsruher See für alle, die nicht dabei waren, eine Legende.
Autor: Christian Bormann 09.11.2015
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016
Der alte Grabstein von Maria Tschiersky markiert heute den ca. 30 Meter mal 30 Meter kleinen Urnenhain.
Grabstein Maria Tschiersky, geb. SchulzBei einer Begehung der Schönholzer Heide mit Mitarbeitern des Berliner Kurier im August 2014, entdeckten wir den kleinen Hain. In seiner Mitte steht noch ein Gedenkstein. Die Inschrift lautet: „Liebe Hege Fleiss und Streben war unser Leben“.
Runenstein mit Inschrift, 2016Durch Zufall stolperten wir über kleine Emailleschilder, die noch unangetastet im Boden steckten. Darauf zu lesen waren die Namen der hier in Urnen begrabenen Menschen. Der Friedhof V war im 2. Weltkrieg Teil des Schlachtfeldes Schönholzer Heide.
Beschilderung des UrnenhainsBei seiner Wiederherstellung wurden Teile des ursprünglichen Friedhofes ca. 1,50 m mit Erdreich aufgeschüttet. Hiervon zeugen heute noch originale Zaunpfähle, die an den Abbruchkanten aus dem Erdreich ragen.
Urnenhain 2016Gleichzeitig wurde der Friedhof verkleinert. Füchse gruben sich über die Jahrzehnte in die Abbruchkanten des Friedhofes, dabei trugen sie allerhand Material aus den Gräbern. Rings um den Friedhof V in der Schönholzer Heide lassen sich Grabblumen, Grabsteine, Knochen, künstliche Gebisse, Sarghenkel und Beschläge finden.
Urnenhain 2016
In der Nachkriegszeit hatten die Pankower andere Sorgen. Man kümmerte sich um die Überlebenden, der Tod war allgegenwärtig und zum täglichen Begleiter geworden. So geriet der kleine Urnenhain schnell in Vergessenheit. Offene GrabstelleDa bis auf den Runenstein auch die letzten Hinweise auf diese Begräbnisstätte geraubt wurden, gibt es heute keine Zeugnisse mehr von diesem Hain. Das war für mich Grund genug, mit dieser kleinen Geschichte einen Hinweis zu hinterlassen.
Autor: Christian Bormann, 12.10.2015
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016/12.09.2016
Bormann's Pankower Chronik. Sagen, Mythen und Legenden aus Pankow. Autor Christian Bormann.