Das 1903 bis 1906 gebaute Rathaus Pankow blickt mit seinen über 110 Jahren auf eine bewegte Geschichte zurück. Als Preußischer Prachtbau, gekrönt von einem Adler, zeugte es nach seiner Errichtung vom Wohlstand Pankows.
Rathaus Pankow 2017
Die übliche rote Ansicht unseres Rathauses wie sie jeder Pankower kennt. Auf fast allen bekannten Fotografien des Gebäudes ist es klassisch rot. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen das gelbe Rathaus Pankow zeigen.
Rückseite des Rathauses Pankow 2017
Für unsere große Geschichte vom Rathaus Pankow recherchieren wir seit einem halben Jahr, im Oktober haben wir Verstärkung bekommen. Den größten Teil unserer Bilder macht jetzt unsere Hausfotografin Ivonne.
Treppenaufgang im Rathaus vom Hof aus
In mehrtägiger Arbeit katalogisierte sie das gesamte Rathaus von innen und außen. Ich war mehr als überrascht beim Betrachten der Fotos. Mir fiel auf, dass der größte Teil des Rathauses gelb ist.
Abriss des DDR-Küchenanbaus am Ratskeller 2017
Zur Jahrhundertwende waren rote Prachtklinker teuer und symbolisierten Wohlstand. So war es zu dieser Zeit üblich, mit einer Blendfassade zu protzen. Auch das Dach war ursprünglich komplett mit Kupfer bedeckt. Das Kupferdach fiel dem ersten Weltkrieg zum Opfer. Preußen brauchte Metall zum Kanonenbau.
Christian Badel beim skizzieren und zeichnen
Ich war vom gelben Rathaus Pankow so begeistert, dass ich Christian Badel bat, uns ein Bild der Rückseite zu zeichnen. Er hat sich wie immer ins Zeug gelegt und uns eine beeindruckende Zeichnung angefertigt.
Illustration Christian Badel, Kikifax 2017
Auf der Zeichnung von Christian Badel ist der Rathaushof zu sehen. Die Szene zeigt einen Bagger beim Abriss der Küchenräume des Ratskellers. Aus historischer Sicht ist der Rückbau zum Urzustand sehr zu begrüßen.
Luftaufnahmen Rathaus Pankow 2017
Wir bedanken uns ausdrücklich bei der Pressestelle des Bezirksamts Pankow für die Unterstützung zu unserer Recherche „Rathaus Pankow“. Insbesondere bedanken wir uns bei Tobias Schietzelt für die erfolgreiche Zusammenarbeit.
Autor: Christian Bormann, 20.10.2017
red.Bearbeitung: Martina Krüger, 22.10.2017
Fotos u. Film: Ivonne Hempler, Christian Bormann, Guido Kunze
Der Vorgänger unseres Rathauses war das Amtsgebäude in der heutigen Eintrachtstraße. Der gesamte Bau dauerte etwas länger als 2 Jahre. An der Einweihung am 18. April 1903 nahmen ranghohe Berliner Persönlichkeiten teil, unter anderem Moltke, von Treskow, der Berliner Oberbürgermeister Kuschner sowie der Polizeipräsident von Borries.
Rathaus Pankow um 1906
Der prunkvolle Ratskeller war bereits 1902 fertig gestellt. Laut Niederbarnimer Kreisblatt schon damals ein Geheimtipp. Ursprünglich führte ein Gang direkt vom Ratssaal im 1.OG in den Ratskeller. So konnten die Herrschaften unbemerkt vom Pöbel hinabsteigen. Während der Einweihungsfeier so wird berichtet, mussten die Damen von der Empore zuschauen während die Herren köstlich speisten.
Rathaus Pankow, Ratskeller, um 1906
In den Turmpfeiler wurde eine Zeitkapsel eingelassen, sie enthielt Namenslisten aller Pankower Beamter jener Zeit, Pankower Statistiken sowie Ausgaben des Niederbarnimer Kreisblattes und auch je ein Exemplar der zu dieser Zeit im Umlauf befindlichen Kursmünzen. Am 25. Oktober konnte der damalige Pankower Bürgermeister Richard Gottschalk in seine Dienstwohnung im 1 Stock einziehen. Auf seine Initiative wurde das Rathaus gebaut. Im Wedding gibt es heute noch die nach ihm benannte Gottschalkstraße. Gottschalk schwärmte von der Aussicht die er vom Balkon seiner Dienstwohnung hatte. Von hier überblickte er den Pankower Anger sowie das Bürgerparktor in der alten Spandauer Straße, heute Wilhelm-Kuhr-Straße. Damals war der Blick zum Bürgerparktor noch nicht verbaut. Der Hauptteil des Rathauses ist ein Verblendbau aus roten Sandsteinklinkern, der Sockel besteht aus Schlesischem Granit. Das Dach war ursprünglich in Teilen mit Kupfer bedeckt. Im 1. Weltkrieg brauchte Deutschland Unmengen an Rohstoffen wie Metall für die Rüstungsindustrie. Diesem Metallmangel fiel auch das Kupferdach des Rathauses zum Opfer. Auf den turmartigen Vorsprüngen stehen vier Plastiken des Pankower Bildhauers Sponar. Sie stellen die Bürgertugenden dar, Gerechtigkeit, Bürgerfleiß, Bürgerehre und Mildtätigkeit. Die Turmhöhe beträgt stolze 50 Meter, die zwei Balkonerker gehörten einst zur Bürgermeisterwohnung. Die Spitze auf der Turmlafette hielt den Windverhältnissen nicht stand und musste wenige Tage nach der Rathauseröffnung schon gekürzt werden. Hoch über dem Eingangsportal breitete ein mächtiger Preußi-scher Aar seine Schwingen aus. Nach dem 2. Weltkrieg war der Aar verschwunden. Im Rathaus war 2003 eine Kopie des Künst-lers Joachim Kühn ausgestellt. Wegen Differenzen zwischen Künstler und Auftraggeber scheiterte der Versuch den Adler wieder auf seinen angestammten Platz zu setzen.
Rathaus Pankow, Preussischer Aar
Die Gebäudespitze ist geschmückt mit einer Reichskrone. Um 1918 erfolgte der Anbau des Ostflügels. Der westliche Anbau in der Neuen Schönholzer Straße wurde 1927 bis 1929 errichtet.
Im April 1945, als die Russische Armee auf Berlin vorrückte, veranlasste der Bürgermeister Bernhard Ahmels (NSDAP) die Verbrennung des kompletten Rathausarchives. Die Verbrennung soll auf dem Hof des Hauses in aller Eile geschehen sein. Aus kulturhistorischer Sicht ging damit ein unersetzbarer Schatz an Dokumenten verloren.
Am 23. Oktober 1947 fand im Rathaus ein Kriegsverbrecherprozess statt. Angeklagt waren der Kommandant des Konzentrationslagers Sachsenhausen sowie 15 Angehörige des Wachkommandos. Nach Kriegsende war das Rathaus für Pankower zunächst tabu. Es diente zeitweise als Russische Kommandantur.
Als Amtsgebäude stellten die Besatzer ab dem 1. Juni das Jüdische Waisenhaus Berliner – Ecke Hadlichstraße zur Verfügung. Andere Abteilungen saßen verteilt über den Bezirk, so in der Pestalozzistraße 41-43, in der Mendelschen Villa Breite Straße 44 sowie Breite Straße 43a. Ab Dezember 1949 begann der Wiedereinzug ins Rathaus. Am 18. Januar erfolgte dann die offizielle Schlüsselübergabe an die Pankower durch den Sowjetischen Bezirkskommandanten.
Direkt neben dem Bürgermeisterzimmer im ersten Stock befand sich die Pankower Chronik, geleitet von Rudolf Dörrier. Die Chronik zog 1974 in die Wohnung des Stuhlrohrfabrikanten Fritz Heyn, in die gleichnamige Heyn Straße 8 um, wo sie heute noch ist.
Das Trauzimmer in dem ab 1902 geheiratet werden konnte, wurde 1901 bis 1905 nach Plänen des Architekten Ludwig Hoffman gebaut. Hoffman entwarf auch den Märchenbrunnen in Friedrichshain. Das heutige Trauzimmer stammt aus dem Fischerkiez in Berlin Mitte. Seit dem Abriss der Alten Feuerwache in der Fischer Straße lagerte es im Märkischen Museum, bis es 1979 im Rathaus Pankow eingebaut wurde. Während der Umbauarbeiten konnten die Pankower im Prunkzimmer der Heynstraße 8 heiraten.
Trauzimmer Fischerkiez, jetzt Rathaus Pankow
In den 80er Jahren wurden aufwendige Restaurationen zum ursprünglichen Johowschen Entwurf vorgenommen. Der originale Jugendstil-Leuchter der Vorhalle wurde auf dem Dachboden wiedergefunden. Zugemauerte Fenster wurden wieder geöffnet und der Turm erhielt seine Kupfereindeckung wieder. Über dem Haupteingang wurde die Schnitzerei „Gott mit uns“ wieder frei gelegt. Pünktlich zur 750-Jahr-Feier erhielt das Rathaus die seit dem Krieg fehlende Plastik „Bürgerehre“ wieder.
Autor: Christian Bormann, 05.07.2014
technische Leitung: Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 06.02.2016
Quellen:
Rathaus Pankow/Freundeskreis der Chronik Pankow
Pankower Chronik/Rat des Stadtbezirks Pankow von Berlin
Bormann's Pankower Chronik. Sagen, Mythen und Legenden aus Pankow. Autor Christian Bormann.