Heinersdorf – Rundlokschuppen und „Blue Lady“

Zwischen dem S-Bahnhof Heinersdorf und dem Autobahnzubringer Prenzlauer Promenade befindet sich ein außergewöhnliches Industriedenkmal. Der sogenannte Rundlokschuppen, auch Ringlokschuppen genannt, war Teil des inzwischen abgerissenen Rangierbahnhofes Pankow.

Heinersdorfer Rundlokschupen

Es handelt sich hierbei um eine 24-gleisige Lokomotivenhalle mit vorgelagerter Ringweiche, die sternförmig alle Gleise der Halle bedienen konnte. Das 1893 gebaute Objekt aus der Kaiserzeit diente als Werkstatt und Ausbildungshalle. Ein unschätzbares Relikt aus den Anfängen des Eisenbahnzeitalters.

Heinersdorfer Rundlokschupen

Das Heinersdorfer Industriedenkmal ist das zuletzt gebaute seiner Art und eins von zwei noch existierenden in ganz Deutschland. Der zweite Ringlokschuppen befindet sich auf dem Rangierbahnhof Berlin-Rummelsburg. Beide Lokschuppen stehen unter Denkmalschutz. Für Berlin-Rummelsburg beantragte die Deutsche Bahn 2009 eine Abrissgenehmigung, diese wurde verweigert.

Heinersdorfer Rundlokschupen

Der Betrieb in Pankow-Heinersdorf wurde bereits in den 1990er Jahren eingestellt. Bis 2001 wurden hier ab und an noch historische Züge gewartet und repariert. Zu den letzten Gästen gehörte auch allerlei Prominenz. Die letzte Besucherin war die „Blue Lady“. Von der Schwarzkopf AG-Berlin 1935 gebaut war sie als Sonderanfertigung die Nummer 1 unter den Stromlinien-Dampfloks.

Heinersdorfer Rundlokschupen

Die voll verkleidete, 24 m lange Lok der Baureihe 01 1102 mit Ölbefeuerung hatte 2380 PS und erreichte 150 Km/h. Im Inneren eine Ausstattung wie sie in den 40er Jahren üblich war, glich sie durch ihre stromlinienförmige Vollverkleidung äußerlich einem U-Boot auf Schienen. Frontal hing ein riesiger Reichskriegsadler vor der Dampflok.

Heinersdorfer Rundlokschupen

Heute ist das Grundstück mit seinem Kaiserlichen Rundlokschuppen Eigentum von Möbel Krieger. Wer miterlebt hat, wie unter Denkmalschutz stehende Objekte auf dem alten Güterbahnhof, der ebenfalls zu Möbel Krieger gehört, der Brandstiftung zum Opfer gefallen sind, ahnt wohl wie die Zukunft des Lokschuppen aussieht.

Video: Heinersdorfer Rundlokschuppen im Urzustand.

Video: Luftaufnahmen der Sanierung des Rundlokschuppen Heinersdorf.

Autor: Christian Bormann, 28.01.2015
technische Leitung: Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 30.03.2016

Luftbilder: Michael Bartel

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Mit steigender Geburtenrate Anfang des 20. Jahrhunderts nahm auch die Sterberate von Säuglingen zu. Als Gegenmaßnahme wurden in Preußen Säuglingskrankenhäuser errichtet. Das Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee war das erste seiner Art in Preußen. Initiator war der von Dr. Julius Ritter gegründete Verein „Säuglingskrankenhaus Berlin“.

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Mit Unterstützung des Kreises Niederbarnim konnte die Gemeinde Weißensee 375.000 Mark für den Krankenhausbau aufbringen. Auf dem 28.000 Quadratmeter großen Grundstück erfolgte 1909 die Grundsteinlegung.

Historische Postkarte um 1920

Mit Planung und Aufsicht der Arbeiten war der Gemeindebaurat Carl James Bühring beauftragt. Am Vormittag des 8. Juli 1911 wurde das Haus mit Parkanlage an der heutigen Hansastraße eingeweiht.

Historische Postkarte um 1915

Das Haus hatte Kapazität für 60 Säuglinge. Zu den Besonderheiten gehörte die ebenfalls erste und einzige „Milchkuranstalt“ in Preußen.

Historische Postkarte um 1911 mit Übergang zur Milchkuranstalt

Die im Krankenhaus integrierte „Milchkuranstalt“ umfasste neben dem Kuhstall für 38 Kühe und einer Molkerei auch Anlagen zur Milchverarbeitung.

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Für den Transport und die Lagerung der Milch war ebenfalls gesorgt. Neben dem Kuhstall gab es auch ein Pferdestall für Rösser samt Knechtstube und Remise für drei Wagen.

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Eine weitere Besonderheit war der im Park gelegene Isolierpavilon. Hier wurden Keuchhusten und Diphtherie behandelt.

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Das Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee war das führende seiner Art in ganz Europa. So richtete es vom 11. bis 15. September 1911 den 3. Internationalen Kongress für Säuglingsschutz in Berlin aus. Die von der Gemeinde Weißensee gestiftete Figur „Caritas“ ist verschwunden, erhalten ist nur der Sandsteinsockel.

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Im Rahmen der Berliner Gebietsreform 1920 erfolgte die Eingemeindung von Weißensee nach Berlin. In deren Folge wurde die „Milchkuranstalt“ herausgelöst. Sie ging an die „Berliner Stadtgüter“ über und bildete die Basis des 1965 gegründeten „Milchhof Heinersdorf“. Die letzte Großinvestition war das neue Bettenhaus als ergänzender Anbau an der Rückseite der historischen Klinik.

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Die Grundsteinlegung erfolgte 1985, Einweihung war im Oktober 1987. Schon 10 Jahre später am 1. Januar 1997 wurde das Säuglings- und Kinderkrankenhaus geschlossen. Das Land Berlin ließ sich 2005 von der Bio Resonanz GmbH um das Grundstück betrügen, 2011 trat Berlin vom Kaufvertrag zurück.

Säuglings- und Kinderkrankenhaus Weißensee

Seither beschäftigen sich die Gerichte mit der Rückabwicklung. Inzwischen hat es dutzende Male gebrannt. Die Gebäudesubstanz ist nicht mehr zu retten. So verliert das Krankenhaus auch seinen Denkmalschutz.

Luftaufnahme Hauptgebäude, März 2024

So lautete der Beitrag im Januar 2015. Im Abstand von fast 10 Jahren haben wir die Ruine des Säuglings- und Kinderkrankenhaus nocheinmal als Luftaufnahme für die Nachwelt festgehalten, denn zu retten ist hier nichts mehr.

ehem. Hauptaufgang des Kinderkrankenhaus, März 2024

Eines der traurigsten Denkmale Berlins ist heute nicht mehr als ein schaurige Rest von Brandmauern und Dachbalken.

Hauptaufgang Hofseite des Kinderkrankenhaus, März 2024

Die einst golden glänzende Beschriftung Kinder- und Säuglingskrankenhaus Weißensee über dem Hauptportal ist seit einigen Jahren verschwunden. Die Buchstaben liegen heute zum Teil als Souvenir bei Lost Place Touristen.

Rückseite des Kinderkrankenhaus, März 2024

Herabstürzende Dachziegel die es hier zu tausenden auf den unter den Feuerlasten zusammengebrochen Dächern gibt machen das betreten des verwucherten Grundstück lebensgefährlich. Von den 2015 noch erhaltenen Räumlichkeiten haben Feuer, Wind und Wetter nichts mehr übrig gelassen.

ehemaliger Liegesaal des Kinderkrankenhaus, März 2024

Endlos ist die Liste der großen Pläne und Absichtserklärungen. Inzwischen fällt der Gebäudekomplex komplett in sich zusammen und gehört zur festen Einsatzadresse für Feuerwehr und Polizei.

Luftaufnahme Kinderkrankenhauskomplex, März 2024

Der Beitrag ist vom 25.01.2015 und wurde am 29.03.2024 neu bearbeitet und um die Luftaufnahmen ergänzt.

Drohnenvideo:

Link zum 360° Panorama auf Pankowerchronik FB:

https://www.facebook.com/share/p/fvk7LAjS3LUzjcNS/

Autor: Christian Bormann 25.01.2015
technische Leitung: Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 30.03.2016

Bilder: Hintze CPS, Christian Bormann, Guido Kunze

Luftaufnahmen: Guido Kunze, Christian Bormann

Weitere Bilder: historische Postkarten von Weißensee

Pankow – Der älteste Wochenmarkt Berlins

Bereits seit 1857 gibt es in der Breite Straße den Pankower Wochenmarkt.
Zentral gelegen auf dem alten Dorfanger an der Pfarrkirche „Zu den vier Evangelisten“. Der Wochenmarkt in Pankow ist der älteste noch bestehende Wochenmarkt in Berlin.

Wochenmarkt Pankow

Das Dorf Pankow war im 19.Jahrhundert und frühen 20.Jahrhundert ein Magnet für Besucher aus ganz Berlin und seinen Nachbardörfern.
Tanzsäle, Biergärten, Parks und später auch Lichtspielhäuser und der größte Berliner Vergnügungspark „Traumland“ in der Schönholzer Heide waren durch Vorstadtwagen gut zu erreichen.

Wochenmarkt Pankow

Der Besucheransturm auf Pankow führte rasch zur Verknappung von Lebensmitteln.
Schon im alten „Bolle Lied“ hieß es: “ …war allet wegjefressen von fremde Leute hier…“.
Mit der Einrichtung eines Wochenmarktes in Pankow hatten die Bauern der umliegenden Dörfer die Möglichkeit ihre Erträge direkt zu vermarkten.
Die traditionellen Markttage waren Dienstag und Freitag.

Wochenmarkt Pankow

Neben dem Wochenmarkt existierte in den 20er Jahren auch ein Zeugmarkt.
Dieser lag zwischen der Gnau’schen Kur- und Nervenheilanstalt für Frauen und der Bleichröder Villa auch bekannt als alter „Husemann Club“.
Zu DDR-Zeiten wurde das Grundstück des Zeugmarkt für den jährlichen Pankower Weihnachtsmarkt genutzt.

Wochenmarkt Pankow

Im Laufe der Zeit wurde die Breite Straße zur Johannes R. Becher Straße und nach dem Mauerfall wieder zur Breite Straße.
Der Dorfanger in Pankow wurde über die Jahrzehnte oft baulich verändert.
Der Pankower Wochenmarkt jedoch trotzt seit 1857 allen politischen,sozialen und baulichen Veränderungen.

Wochenmarkt Pankow

Autor: Christian Bormann 19.01.2015
technische Leitung: Nadine Kreimeier