Schlagwort-Archive: Schönholz

Auf den archäologischen Spuren der Elisabeth Christine

An der Hermann-Hesse-Straße 80 liegt der der Paul-Zobel-Sportplatz auf dem Gebiet der Schönholzer Heide. Direkt hinter dem Sportplatz und parallel zur Außenmauer verlaufend liegt ein etwa 120 Meter langes Pflaster, das in seiner Art noch fast spätmittelalterlich wirkt. Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit den archäologischen Resten, die sich hier in Schönholz aus einer Zeit ab 1660 bis heute quer durch die verschiedenen Epochen erhalten haben.

Gepflasterte Allee Schloss Schönholz, Weg von Schönhausen nach Schloss Charlottenburg, Postkarte um 1880

Seit vielen Jahren gehe ich davon aus, dass es sich bei dem sichtbaren Restpflaster um den Weg von Schönhausen nach Schloss Charlottenburg handelt, die heutige Tschaikowskistraße, die an Ihrem Ende in der Schönholzer Heide verschwindet. Ich bin mir sicher, dass diese gepflasterte Allee auf das Jahr 1753 zurück geht. Es dürfte sich wohl um einen der ältesten, wenn nicht den ältesten noch existierenden Pflasterweg in Pankow handeln. Aber mehr noch vermute ich, dass sich die Allee nach Schönholz nicht nur auf den sichtbaren 120 Metern hinter dem Sportplatz erhalten hat, sondern noch in Ihrer vollen Länge auf dem Gebiet von Schönholz in der Erde verborgen ist.

Sichtbarer Rest des gesuchten Pflasterweges von Schönhausen nach Schloss Charlottenburg, Foto Juni 2021

Ich habe mich mit meiner Vermutung an die Revierleiterin Cornelia Wagner vom Straßen- und Grünflächenamt Pankow gewandt. Zu meiner Freude unterstützt Frau Wagner die nötigen Sondierungsarbeiten im öffentlichen Interesse. Sollte die originale Pflasterung von 1753 noch in Gänze vorhanden sein, wäre das nicht weniger als eine kleine Sensation. Es dreht sich alles um die Plantage der Königin Elisabeth Christine.

Cornelia Wagner, Revierleiterin Straßen- u. Grünflächenamt Berlin-Pankow (links), Autor Christian Bormann (rechts), Foto Juni 2021

Bereits 2014 gelang mir und Nadine Kreimeier auf dem Gebiet der Königlichen Plantage ein spektakulärer Waffenfund. Die Geschichte erschien unter dem Titel „Die Muskete von Schönholz“. Es handelt sich dabei um einen seltenen Jagdstutzen, wie er ab 1640 gebaut wurde. In den historischen Inventarlisten, die nach dem Siebenjährigen Krieg von Schloss Schönhausen erstellt wurden wird beschrieben, dass im Schloss 3 Büchsen des Königs geraubt wurden und die Soldaten zur Plantage weiter zogen.

Muskete v. Schönholz 05.02.18 bei ZIBB RBB

Hier soll es auf dem Weg von Berlin nach Schönholz, wobei es sich um die Kreuzachse zu unserer Pflaster-Alle nach Schönholz handelt, zu einem schweren Überfall auf der Plantage gekommen sein. Der Fundort stimmt überein und auch waren diese Büchsen sehr seltene Waffen zu dieser Zeit. Es ist also gar nicht so unwahrscheinlich, dass es sich um eine der beschriebenen geraubten Büchsen des Königs handelt. Ich habe den Bodenfund 2015 dem Museum Pankow überlassen.

Karte 1 der Feldmark um 1720 zeigt die Allee nach Schloss Charlottenburg ohne Plantage

1662 erwarb Gräfin Sophie Theodore zu Dohna-Schlobitten das heutige Schloss Schönhausen als Landgut, wo sie 1664 ein Herrenhaus, eine Meierei und einen Park errichten liess. Schon 1680 übernahm der kurfürstliche General Joachim Ernst von Grumbkow die Ländereien. Er ließ 1685 bis 1689 das heute im Grundzug noch erhaltene Schloss errichten.

Karte 2 von 1852

Grumbkows Witwe wiederum verkaufte das Grundstück 1691 an den Kurfürst Friedrich III., auch er liess hier Umbauten, diesmal von Johann Arnold Nehring vornehmen. Erst 1704 beauftragte König Friedrich I. Johann Friedrich Erosander mit der Erweiterung der Anlage. Hier beginnt unsere Geschichte. Karte 1 zeigt die Allee bereits mit Bäumen flankiert. Schnurgerade verläuft sie von der Mitteltür des Schlosses Schönhausen, bis sie kurz vor der heutigen Straße vor Schönholz endet und als abknickender Weg durch die Feldmark Reinickendorf weiter nach Charlottenburg verläuft.

Karte 3 von 1668

Es handelt sich hierbei um den Charlottenburger Weg, damals höchstwahrscheinlich noch ungepflastert aber bereits mit Bäumen fest als Empfangsallee angelegt. 1752 kaufte Elisabeth Christine einen Teil der Schönhauser Fichten, die damals vom nördlichen Pankeufer des heutigen Bürgerpark bis zur Jungfernheide reichten. Schon im selben Jahr wird die Plantage eingezäunt. Der Weg nach Charlottenburg weicht jetzt in Höhe Tschaikowski-/Ecke Hermann-Hesse-Straße in einem leichten Bogen ab und verläuft heute als Hermann-Hesse-Straße vor dem Paul-Zobel-Sportplatz, dann weiter über die Straße vor Schönholz in die heutige Provinzstraße.

Karte 4 von 1872

Ab jetzt heißt der Pflasterweg auf dem Gebiet der Heide Allee nach Schönholz, während der Weg nach Charlottenburg bis etwa 1900, leicht verändert vor die Plantage verlegt, weiter existiert. Auf den Karten 2, 3 und 4 ist die Königliche Plantage und der jetzt herum führende Weg nach Charlottenburg in seiner neuen Form gut zu erkennen. Auf 62 Morgen sollte eine Maulbeerplantage zur Seidenraupenzucht entstehen.

Rot: gesuchter Pflasterweg, grüne Punkte: Schloss Schönhausen oben, Schloss Schönholz unten

Das sogenannte Schloss Schönholz war ein Planteurhaus und wurde auf Grund seiner pompösen Innenausstattung von der Bevölkerung als Schloss bezeichnet. Es enstand ebenfalls 1753 auf den Resten einer alten Besitzung König Friedrich I. Ich gehe davon aus, dass in diesem Jahr auch der Pflasterweg zwischen Schloss Schönhausen und der Königinnenplantage enstand.

Autor Bormann (rechts), Unterstützer Marvin Fleischer (links) beim Graben in der Schönholzer Heide, Foto Juni 2021

Die Kolonie Schönholz war eine 1763 gegründete Siedlung von Leinewebern am Rand außerhalb der Plantage, wie auf den Karten 2, 3 und 4 zu erkennen. Bis in die 1840er Jahre existierten die Königinnenplantage und der Pflasterweg noch in Gänze. Um 1880 kaufte die Berliner Schützengilde das Areal der ehemaligen Plantage. Mit dem Bau des Schützenhauses auf einem Teil der Plantage wurde der Pflasterweg mit der Umgebungsmauer überbaut.

Indiana-Jones Junior schaut sich Papas Arbeit an. Foto Juni 2021

Danach wurde die Schönholzer Heide zu Erholungsort und Partymeile, die Ihren Höhepunkt 1936 im Traumland Schönholz findet. Damals Berlins größter Vergnügungspark und schon wenige Jahre später Zwangsarbeiterlager und sogar Schlachtfeld beim Ausbruchsversuch der Deutschen Armee am 1. Und 2. Mai 1945. Nach dem Krieg wurden dann die als Reparationen erbeuteten Industrieanlagen aus Wilhelmsruh und Reinickendorf hier von der Roten Armee für Ihren Abtransport in die Sowjetunion gesammelt. So reichten 150 Jahre Geschichte, um den Pflasterweg im wahrsten Sinne des Wortes unter die Erde zu bringen und aus der Erinnerung zu tilgen.

Marvin Fleischer beim Freilegen des über 250 Jahre alten Pflasters, Foto Juni 2021

Am 19.06.2021 habe ich die ersten Sondierungen mit Marvin Fleischer durchgeführt. Der von mir vermutete Pflasterweg wurde in drei Suchabschnitte eingeteilt. Die noch vorhandenen 120 Meter sind Bereich 0. Die gesuchten drei Abschnitte sind Teil A, der Abschnitt zwischen Sportplatz und Schützenmauer, Teil B, der Abschnitt zwischen Tschaikowskistraße und Sportplatz und Teil C, das Gelände des Schützenhauses.

Autor Bormann beim Abfegen der Pflastersteine, Foto Juni 2021

Die Abschnitte sind absteigend nach der Wahrscheinlichkeit ihrer Existenz angeordnet. Samstag vormittag gegen 10 Uhr bei 30° hieß es mit Hacke und Spaten „Nu mal Butter bei die Fische“. Und schon die erste vorsichtige Sondierung war ein voller Erfolg. Das Schwitzen im Dickicht sollte sich lohnen. Für Abschnitt A konnte der Pflasterweg schon nach 2 Stunden als vollständig erhalten nachgewiesen werden.

Marvin Fleischer beim Lokalisieren des Pflasters an der Mauer Schützenhaus Schönholz, Foto Juni 2021

Wie vermutet verschwindet er unter der Umgebungsmauer des Schützengeländes. Während wir uns zu zweit mit Hacke, Spaten Erdnägeln und Handfeger durch die Büsche schlugen, stießen wir auf die nächste Entdeckung. Zwei Platanen, die den im Erdreich verborgenen Pflasterweg links und rechts parallel begrenzen. Sie gehören nicht zu den Baumbeständen der letzten 150 Jahre.

Befund, erhaltenes Pflaster in Forschungsabschnitt Teil A nachgewiesen, Foto 2021

Ihr Standort und die Anordung lassen mich vermuten, dass es sich noch um erhaltene Alleebäume der ursprünglichen Plantage handelt. Sie stehen wie natürliche Torwächter je nach Sichtweise am Anfang oder Ende der Allee von Schönholz. Um das belegen zu können ist bereits eine Inaugenscheinnahme mit Frau Wagner vom zuständigen Straßen- und Grünflächenamt vereinbart.

Abgebrochener Sondierungsversuch Forschungsabschnitt B, Foto Juni 2021

In den nächsten zwei Wochen geht es an Teil B, der Abschnitt zwischen Tschaikowskistraße und Sportplatz. Sollten Abschnitt A und auch B von mir nachgewiesen werden, so wird die Existenz des gesamten Pflasterweges erstmal amtlich erfasst und dann auch bei zukünftigen Bauvorhaben oder Landschaftsgestaltungen berücksichtigt werden.

Zwei erhaltene Riesenplatanen (Originalbestand) am Ende der Plantage begrenzen den alten Pflasterweg nach Charlottenburg

Darüber hinaus ist es auch vorstellbar, den Pflasterweg wieder freizulegen und mit entsprechender Schautafel vor Ort zu ergänzen. Das ganze Projekt ist von mir auf sechs Monate angelegt und diesmal wird der Leser noch während des Geschehens in mehreren Teilen mit auf die Reise genommen. In zwei Wochen erfolgt schon die Sondierung auf Teil B. Ich bin gespannt auf das Ergebnis und die Fortsetzung dieser Geschichte.

Link zum Video „Zirkeltag im rbb: Zu Gast: „Mauerentdecker“ Christian Bormann: https://youtu.be/IN2BFUmfOKg

Vielen Dank an Uwe Dziomba, der unsere ehrenamtlichen Aktivitäten immer mit Arbeitsgerät unterstützt.

Autor: Christian Bormann

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger

Bilder: Christian Bormann, Bauaktenarchiv Bezirksamt Pankow, Marvin Fleischer

Ausstellung – Die Geschichte der Schönholzer Heide

Im Februar 2017 traf ich mich mit dem Freundeskreis der Chronik Pankow e.V. und unserer Redakteurin Martina Krüger in der Schönholzer Heide. Anlass war ein Gedankenaustausch zur Vorbereitung der Ausstellung „Die Geschichte der Schönholzer Heide“.

Zu Fuß liefen wir die historischen Orte und ihre Überreste ab. Vom Schloss Schönholz ging es zum versunkenen Heide Theater und weiter zum Zwangsarbeiterlager und seinen Fundamentresten. Friedhof 6, der Luna Bunker und das Schützenhaus waren ebenso Teil der Gespräche.

Freundeskreis der Chronik Pankow e.V. u. Bormann 2017 in Schönholz

Am 28.05.2017 war es dann soweit. Nach eineinhalb Jahren der Vorarbeit, lud der Freundeskreis der Chronik Pankow e.V. zur Eröffnung ihrer Ausstellung. Auf dem Hof der Dietzgenstraße 42 begrüßte Frau Fritzsching vom Vorstand bei gutem Wetter und Musik die zahlreich erschienenen Gäste. Herr Mach hielt ein einführenden Kurzvortrag zum Thema.

Begehung Luna Lager 2017

Ich habe mir die fertige Ausstellung erst kürzlich selbst angeschaut. Eine gut verständliche Gliederung der Schautafeln und kurze spannende Texte lassen den Betrachter kaum los. Nicht nur die Fülle an historischem Material wie Eintrittskarten oder Fotos, auch die Qualität der zusammengetragenen Belege ist beeindruckend.

Brosehaus, Dietzgenstraße 42

Ganz besonders habe ich mich über die Vitrine gefreut. In dem Schaukasten liegen die Fotos meiner Lieblingsstücke. Da wären die Tasse von Rettschlags Schloss Restaurant, die goldene Bieruhr vom Schloss Schönholz und das Kännchen vom Kastanienwäldchen, und inmitten dieser Schätzchen, auch der von mir geborgene Jägerstutzen.

Ausstellung „Die Geschichte der Schönholzer Heide“ 2017

Die Ausstellung ist so umfangreich das ich sie mir noch einige Male anschauen werde. Seit dem Treffen im Februar bin ich mit Frau Jutta Mach vom Vorstand in Kontakt geblieben, die Geschichte „Weber in Pankow“ wäre ohne ihr Bildmaterial gar nicht möglich gewesen.

Mitteilungsblatt 2/3 2017

Ich kann jeden nur aufs herzlichste einladen sich die Ausstellung „Die Geschichte der Schönholzer Heide“ im Brosehaus in der Dietzgenstraße 42 Mittwoch und Sonntag von 14:00 – 17:00 Uhr bis zum 12.11.2017 anzuschauen. Besucher erreichen das Brosehaus mit der Tram M1 oder dem Bus 107, die Haltestelle ist Kuckhoffstraße. Der Eintritt ist frei. Spenden sind selbstverständlich willkommen. Das Mitteilungsblatt zur Ausstellung ist für 6 Euro zu haben.

Autor: Christian Bormann, 16.07.2017

red.Bearbeitung: Martina Krüger, 16.07.2017

Fotos: Martina Krüger, Christian Bormann, Freundeskreis der Chronik Pankow e.V.

Infomaterial: Freundeskreis der Chronik Pankow e.V.

Das letzte Stück Schloss Schönholz

Anlass für diese kleine Geschichte war ein Besuch in der Schönholzer Heide mit Christian Badel. Zu meinem Entsetzen musste ich feststellen das der Sockel, auf dem einst der Schützenpokal stand, zerschlagen wurde.

Zeitungsauschnitt 1936

Es hat einige Jahre gedauert, die zwei Sockel zu bestimmen, die heute noch am versunkenen Heide-Theater stehen. Auch der Sockel der Weberstatue wurde beschädigt. Was den kleineren der Beiden angeht, so war es jahrelange Recherche bis ich ihn eindeutig dem Schloss Schönholz zuordnen konnte. Der Pokal wurde von der Schützengilde installiert, als sie das alte Planteuerhaus als Vereinsheim übernahm.

Christian Badel an den Resten der Weißen Säule 2017

Letztendlich war es ein Zeitungsartikel, der mich auf die Spur brachte. Mit Lageplänen des Lunalagers und vom Traumland Schönholz machten wir uns daran, den einstigen Standort von Schloss Schönholz noch einmal auszumessen. In alten Zeitzeugenberichten war oft die Rede von einer „Weißen Säule“.

polnische Teilnehmer an einer Fortbildung, Schloss Schönholz 1940

Ich hatte von Anfang an die Vermutung, dass es sich bei der sogenannten „Weißen Säule“ am Schloss um den Steinpokal handeln könnte. Auf einem Foto vom Museum Pankow sind die Teilnehmer eines Fortbildungslehrganges von 1940 vor der Säule zu sehen. Deutlich zu erkennen ist das P-Abzeichen auf Ihrer Kleidung.

Badel beim Zeichnen am Heide Theater 2017

Auch im Schloss Schönholz waren bis Kriegsende Zwangsarbeiter untergebracht. Der Steinpokal war tatsächlich sehr hoch, vor allem war er aber prächtig verziert. Er stand vermutlich, wenn auch in beschädigter Form, noch bis zum Abriss von Schloss Schönholz nach dem Zweiten Weltkrieg. In den Bauamtakten vom Heide-Theater ist die Weberstatue im Ganzen zu sehen und als Statue bezeichnet. Der Pokal aber ist nur als unbestimmtes Qadrat im handgezeichneten Lageplan zu finden.

Illustration Christian Badel 2017

Nachdem es nun so lange dauerte die Herkunft zu erforschen, schmerzt mich der Anblick des zerschlagene Sockels ganz besonders. Über hundert Jahre und zwei Weltkriege blieb er stehen, um dann in einer Nacht zerschlagen zu werden. Ich habe Christian Badel gebeten, die Reste noch einmal für mich zu zeichnen. Die nächsten zwei Winter wird der Sockel nicht überstehen und so verschwindet das letzte Stück Schloss Schönholz.

Autor: Christian Bormann, 12.07.2017

red. Bearbeitung: Martina Krüger, 12.07.2017

Bilder: Christian Bormann, Museum Pankower

Illustration: Christian Badel

Die Villa vor Schönholz und der Borussia Park

  • Zu den bekanntesten vergessenen Orten in Pankow gehört die Villa vor Schönholz. Das Grundstück gehörte 1902 der Terraingesellschaft Schönholz. Im historischen Andressverzeichnis ist der Mühlenbesitzer und Ingenieur Heinrich Bollenbach und später die Witwe M. Bollenbach eingetragen.

img_20170416_180047_754.jpg
Villa vor Schönholz 2017

Die mit prächtigem Stuck geschmückte Gründerzeitvilla war seit je her mit einem Park umgeben und lag zwischen dem Bahnhof Schönholz und der Heide. Mit der Schönholzer Heide, die sich bis zur Olympiade 1936 zu Berlins größtem Freizeit- und Erholungspark entwickeln sollte in der Nachbarschaft, lag es nah auch hier gewerblich zu feiern.

Restaurant Schaller

Auf alten Postkarten sind die Namen unterschiedlicher Betreiber zu sehen. Zum einen wäre da Schaller’s Restaurant Tivoli und auch von Max Rudolph’s Restaurant Borussia Park sind noch Bilder erhalten. Eine der Karten zeigt den Eingang zum Borussiapark mit Blickrichtung Bahnhof Schönholz. Heute entspricht das der Kreuzung der Straße vor Schönholz Ecke Provinzstraße.

Provinz- Ecke Straße vor Schönholz

Auf den historischen Bildern ist noch der echte Treppenaufgang zum Säulenportal zu sehen. Die echte Fülle der Stuckarbeiten lässt sich erst anhand der alten Aufnahmen erahnen. In den Nachkriegsjahren wurde die Villa ab 1955 wieder als Altenheim genutzt. Wärend dieser Phase wurde die innerdeutsche Staatsgrenze errichtet. Plötzlich lag das Altenheim im Borussia Park in der Sperrzone. Als erste Maßnahme wurden die Fenster Richtung Vorlandmauer, die nur einen beherzten Sprung entfernt stand zugemauert.

Max Rudolph’s Borussia Park

Die Fenster Richtung Wedding sind heute Parterre noch zugemauert. Auch der Dachstuhl und dessen Fenster sind nicht original. Das Altenheim musste 1975 einer Dienststelle der Volkspolizei weichen. Bereits 1945 bis 1947 befand sich hier das Polizeirevier 283 Niederschönhausen Revierzweigstelle Schönholz. Auch die Dienststelle der Volkspolizei passte mit ihren Aufgaben eher in eine Zone mit gesonderter Zutrittsgenehmigung.

img_20170416_180729_753.jpg
Postkarte Restaurant Borussiapark

Im Verlaufe des weiteren Ausbaus des Todesstreifen wurde auch der Friedhof zwischen Bürgerpark und Villa in Mitleidenschaft gezogen. Über den Friedhof verlief jetzt die Vorlandmauer. Zeitzeugen berichteten, das die Leichname aus Gräbern, die jünger als 3 Jahre waren, exhumiert werden mussten. Die Gebeine sollen 2 Wochen im Keller der Villa vor Schönholz zwischengelagert worden sein. Wegen des bestialischen Verwesungsgeruchs beschwerten sich die Anwohner. Die Leichen sollen über Nacht wieder verschwunden sein.

Friedhof am Bürgerpark Schönholz

Seither wird vermutet, dass die menschlichen Überreste in einer Nacht- und Nebelaktion in der Heide verscharrt wurden. Tatsächliche Belege ließen sich hierfür aber nicht finden. Während der Zeit der Volkspolizei wurde das Gebäude auch für andere staatliche Unterdienststellen genutzt. Die Gesellschaft für Sport und Technik saß hier ebenso wie die Musterungsstelle der NVA.

Reisedokument gestempelt in Schönholz

Auch in den Jahren der Maueröffnung herrschte in der Villa vor Schönholz noch Ordnung. Auf den Papieren von Herrn Geheb, die in der Dienstelle der Villa gestempelt sind, befindet sich noch der amtliche Stempel der Volkspolizei Pankow auf dem Visum. Nach der Wende und der damit verbunden Abwicklung zahlreicher Dienststellen in Ostdeutschland wurde das Gebäude vom Gewerbeamt genutzt.

Reisedokument gestempelt in Schönholz

Hier begann der Untergang der Villa. Was niemand wusste, in den zum Teil 100 Jahre alten Akten des Gewerbeamtes schlummerte eine Zeitbombe. Und so berichtete auch schon kurz darauf der Berliner Kurier 1992 über mehrere Feuer im „Wirtschaftsamt“. Der Dachstuhl war angezündet worden. Der Kurierbericht war mir als Kind damals nicht bekannt und auch von der Funktion des Hauses wusste ich nichts.

img_20170416_175921_194.jpg
Villa vor Schönholz Hauptportal 2017

Eher zufällig kam ich in den Tagen nach dem großen Feuer an der Villa vorbei. Meine kindliche Neugier war geweckt. Auf dem Grundstück, keine 4 Meter vom Hausflureingang entfernt, stand ein kleines gemauertes Heizhaus. Ich betrat es als erstes, weil es abgesehen von einem Sprung über den Zaun frei zugänglich war. Ich staunte nicht nicht schlecht, der Ofen war randvoll mit amtlichen Akten und auch das gesamte Heizhaus war mit Bergen von Akten, die an unterschiedlichen Stellen angezündet worden waren, vollgestopft.

img_20170416_180104_347.jpg
Eingang Hausflur

Die in die Jahre gekommene Villa stand nach dem verheerenden Feuer ohne Dach da, zugemauert bis in den ersten Stock gab sie ein trauriges Bild ab. Ich wollte unbedingt hinein und so kletterte ich am Blitzableiter links vom Balkon die Fassade hoch. Auf dem Balkon angekommen betrat ich durch eine der Flügeltüren ein riesiges Amtszimmer im 1.OG. Auf den Tischen standen noch die Tassen, es sah aus wären die Beamten zur Mittagspause.

img_20170416_180146_549.jpg
Grundstück 2017

Die Schränke und Schubladen waren alle geöffnet oder herausgerissen, alles was das Haus an Akten hergab, wurde in den Hausflur und auf den Dachboden der Villa geschafft. Genauso wie im Heizhaus wurden auch hier die Feuer an mehreren Stellen gelegt. Dem Zufall der Geschichte ist es zu verdanken, dass die Feuerwehren schnell genug vor Ort waren.

img_20170416_175941_347.jpg
zugemauerte Fenster zum Todesstreifen

Der Plan, die Akten mit dem Gebäude zu vernichten, platzte. Bis heute ist unbekannt, wer für die Feuer verantwortlich ist. Ich stöberte in den Unterlagen, es waren durchgängig amtliche Gewerbeunterlagen aus Pankow, zum Teil schon zur Kaiserzeit angelegt.

img_20170416_180007_936.jpg
Botschaftsgekände Sambia 2017

Damals erregten die Stempel und ihre staatlichen Zeichen mein Interesse. Neben den Stempeln aus der Kaiserzeit hatten die mit Adler und Hakenkreuz einen besonders schaurigen Eindruck auf mich als Kind gemacht und so packte ich einige der Unterlagen ein und nahm sie mit.

img_20170416_175713_030.jpg
Versorgungschacht

Ich erinnerte mich noch gut an den gruseligen Keller. Aus dem zugemauerten Hausflur gab es kein Licht, es war dunkel und roch modrig, vereinzelt drang Sonnenlicht durch die vergitterten und notdürftig verbarrikadierten Kellerluken.

img_20170416_175827_054.jpg
Teil der Grenzanlage Provinzstraße

An den Wänden hingen noch Wandzeitungen zum Wohlgefallen des sozialistischen Bruders. Von den Leichen wusste ich damals noch nichts, zum schlecht träumen reichte der gruselige Keller aber allemal. Wochen später schaute ich mir einige der Dokumente, die ich aus der Villa mitgenommen hatte, genauer an.

img_20170416_175722_257.jpg
ehem. Straßensperren der Zufahrt Provinzstraße

Mir waren bekannte Namen von Straßen und Gewerben aufgefallen und so begann ich die Akten zu lesen. Mit dem Inhalt erklärte sich auch das Feuer. Es waren zum Teil schon zu Kaiserzeiten angelegte Gewerbeunterlagen, weitergeführt von den jeweiligen Regierungen, auch zu Zeiten der Nationalsozialisten reine Gewerbeunterlagen. Erst mit der Vortführung der Akten durch die Deutsche Demokratische Republik beinhalteten die Gewerbunterlagen Stasidossiers.

Meister Liebe’s Borussia vor Schönholz

So war gleich in der ersten Akte das Dossier über den Betreiber einer Kneipe in der Brehmestraße. Aus dem Text ging sinngemäß hervor, der Gastwirt Mustermann hätte eine Vorliebe für junge Männer. Da dieses sein Geheimniss sei, könne man die Person im Bedarfsfall mit diesen Erkenntnissen konfrontieren und unter Druck setzn.

IMG_20170713_083131_451
Luftbild Villa vor Schönholz

Der brisante Inhalt der Gewerbeunterlagen war der Auslöser für das verheerende Feuer. Die Beteiligten wussten, dass es eine Frage der Zeit war, bis ihr Inhalt entdeckt und die Verantwortlichen hätten belangt werden können. Die Villa wurde grundsaniert und 1999 von Sambia als Botschaft gekauft, wegen fehlender Mittel aber nie bezogen. Jetzt ist das Haus wieder verblombt und gammelt vor sich hin. Zuständig ist das Auswärtige Amt. Das sieht kein Grund zu handeln.

https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=1527555050648448&substory_index=0&id=954046311332661

Autor: Christian Bormann, 09.07.2017

red.Bearbeitung: Martina Krüger, 09.07.2017

Fotos: Christian Bormann, Hannes Geheb, Annemarie Weister (Freundeskreis der Chronik Pankow e.V.) / Friedhof III,

Luftbild :Guido Kunze

Meister Liebe’s Borussia vor Schönholz

Wer kennt sie nicht? Wo die Provinzstraße auf die Straße vor Schönholz trifft, erhebt sich vor dem Haus Nr.15 eine große weiße Dame, in ihren Händen hält sie die Preussischen Reichsinsignien Krone und Zepter.

Meister Liebe’s Borussia

Die überlebensgroße Plastik ist eine Allegorie auf Preussen. Hinter der Plastik im Haus Nr.15 befindet sich die Werkstatt von Stuckateurmeister Jürgen Liebe. Der seit 1978 im Stuckateurhandwerk tätig ist.

img_20160726_152621_090.jpg
Der Meister in seiner Werkstätte

An den Arbeiten zum Neuaufbau des Berliner Stadtschlosses war auch Meister Liebe mit seinen Jungs beteiligt. Unter anderem fertigten sie zahlreiche Abgüsse. Zu jener Zeit entstand auch die Borussia vor Schönholz.

img_20170217_012111_057.jpg
Borussia in der Werkstatt Jürgen Liebe

Die Borussia bei ihrer Entstehung in der Werkstatt. Schicht für Schicht entsteht die Form.

Stuckateurmeister Liebe vor seiner Werkstatt

Bei der Borussia vor seiner Werkstatt handelt es sich um einen Abguss der Borussia vom Schlüterhof des zerstörten Stadtschlosses Berlin. Unsere Borussia gibt es heute ganze vier mal. Nachdem ich mit Herrn Liebe sprach, machte ich mich auf die Spur der Geschwisterfiguren.

Borussia im Schlüterhof vor ihrer Zerstörung

Nach der Sprengung des im Krieg beschädigten Stadtschlosses durch die Sowjets, wurden die Reste mit der sogenannten Trümmerbahn abgefahren auf Lastkraftwagen und dann zum Teil mit Schiffen weggefahren. Aus etwa achtzig Prozent der Trümmersteine wurde der Kegel um den Flakbunker Friedrichshain gebaut bevor er begrünt wurde.

Sprengung des Stadtschlosses durch die Sowjets

Teile des Portals wurden 1963 in das Staatsratsgebäude der DDR verbaut. Weniger bekannt ist, dass große Fassadenteile im flachen Seddiner See versenkt wurden, auch im Köpenicker Forst und auf dem Grundstück des Tiefbauamtes Pankow-Heinersdorf wurden Reste der Figuren geborgen.

Originale in der Landeseigenen Bildhauerwerkstatt Spanndau

Einige Plastiken haben die Zeit ganz überlebt. So in einem geheimen Depot in Hohenschönhausen. Mein nächster Halt war das Humboldtforum. Hier wollte ich die nächsten Hinweise sammeln.

Borussia 2 vor dem Humboldt Forum

Und siehe da. Hier empfing mich die Borussia 2 . Diese Plastik wurde mit auf Tournee genommen, um Spenden für das Stadtschloss zu sammeln. Heute kann sie jeder am Eingang des Forums bewundern. Mein nächster Tip war die Landeseigene Bildhauerwerkstatt in Spandau. Hier sollte die fertige Version der Plastik zu finden sein. Es waren sogar zwei, eine weitere Arbeits-Borussia 3 sowie die tatsächlich fertige Figur.

Arbeitsfigur Borussia 3

Am Ziel meiner Recherche angekommen, stand sie vor mir in voller Pracht. Wer genau hinschaut kann sehen, dass nicht nur das Zepter aus Metall ist, auch der rechte Arm wird noch von einer Steinverbindung zur Plastik geschützt. Erst wenn die Borussia auf dem Hauptportal im neuen Schlüterhof steht, wird der Bildhauer die Steinverbindung entfernen.

Borussia 4 für das Hauptportal des neuen Schlüterhof

Ich freue mich jedesmal über den Anblick unserer Borussia und die damit verbundene Privatinitiative wenn ich an der Werkstatt von Meister Liebe vorbei fahre. Auch die Fassade der Werkstatt dahinter soll wieder historisch erscheinen. Auf diesem Wege bitte ich alle Leser, die Bilder haben, auf denen das originale Gebäude Straße vor Schönholz 15 zu sehen ist, meldet euch!

img_20170220_100025_944.jpg
https://youtu.be/TmgysVOWLWc

Autor: Christian Bormann, 16.02.2017

red.Bearbeitung: Martina Krüger, 16.02.2017

Bilder: Christian Bormann, Jürgen Liebe (1), Staatsarchiv (2)

RAKATAK

Als Idee aus einer Trommelgruppe heraus entstand 1994 das „Trommelfest Pankow“. Schon das 1. Fest, damals noch im Bürgerpark, lockte zahlreiche Besucher. Im Jahr darauf erschienen die Besucher noch zahlreicher.

image
Poster 2016

Zum Schutz der Bürgerpark Anlage suchte das Bezirksamt einen neuen Veranstaltungsort. Mit Erfolg. Im Juli 1996  wurde das „Trommelfest Pankow“ unter dem Namen „RAKATAK“ auf dem bezirkseigenen, historischen Schützensport-Gelände Schloss Schönholz gefeiert.

image
Christian u. Zakrya beim Aufbau 2016

Der Name „RAKATAK“ stammt vom gleichnamigen Instrument. Neben den inzwischen 2 Festbühnen gibt es zahlreiche Bastelstände für Jung und Alt. Mit einer großen Bar und verschiedenen Köstlichkeiten ist für das leibliche Wohl der Besucher gesorgt.

image
RAKATAK 2015

Auf einem internationalen Markt können Instrumente und Waren aus aller Welt bestaunt werden. Mit 150 ehrenamtlichen Helfern ist „RAKATAK“ vermutlich die größte jährliche Leistung dieser Art in Pankow.

img_20160723_011207_881.jpg
RAKATAK 2015

Für das Jahr 2000 konnten die Veranstalter bereits 5000 Besucher aus Berlin und Brandenburg vermelden. Das erinnert an historische Zeiten, als Pankow und Schönholz um die Jahrhundertwende jedes Wochenende von Tausenden feierlustigen Berlinern besucht wurde.

image
hintere Festwiese 2016

Durch die Bezirksreform zum Großbezirk Pankow wuchs mit Prenzlauer Berg und Weißensee auch der Verbund der Jugendkulturzentren.

image
vordere Festwiese 2016

Inzwischen gibt es auch eine eigenständige Musikgruppe Rakatak. Diese Gruppe trägt ihren Namen mit freundlicher Genehmigung der RAKATAK Veranstalter.

image
Internationaler Markt

Zu den Ausrichtern von „RAKATAK“ zählen heute der Lade Club, die Garage Pankow, die Mühlenstraße 24, die Königsstadt und Maxim. Schirmherrin der Veranstaltung ist Christine Keil Bezirksrätin und Leiterin der Abt. Jugend und Immobilien.

 

img_20170220_130831_133.jpg
https://youtu.be/J2VLtaXLZgY

Autor: Christian Bormann, 16.07.2016
red. Bearbeitung: Martina Krüger, 06.08.2016
Bilder: Christian Bormann

Erholungsstätte Schönholz

Im 19. Jahrhundert kämpfte Berlin noch gegen die Tuberkulose. Kinder und geschwächte Menschen waren besonders anfällig für diese Krankheit.

image
Eingang um 1904

Zur Behandlung der Tuberkulose gehörte die Luftkur. Aus diesem Grund wurden Ende des 19. Jahrhundert zahlreiche Lufterholungsheime um Berlin errichtet.

image
Luftkurheim Schönholzer Heide

Eine dieser für diese Zeit typischen Einrichtungen war die Wald- Erholungsstätte Schönholz. So schlug man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.

image
Besucher u. Patienten in der Heide

Die Patienten entkamen der durch Fabriken stark verschmutzten Stadtluft und gleichzeitig waren sie isoliert. So minderte sich auch die Übertragungsgefahr.

image
Frischkuftkur in Schönholz

Die Wald-Erholungsstätte wurde vom Volksstättischen Verein des Roten Kreuz und dem Vaterländischen Frauen Verein Pankow-Niederschönhausen-Schönholz betrieben.

image
Patientinnen vor ihrer Baracke

In der Erholungsstätte wurden auch Nervenschwäche, Blutarmut, Rachitis und Magenkrankheiten behandelt. Später befanden sich auf dem Areal Rasentennisplätze und eine große Sportwiese.

Autor: Christian Bormann
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016

Vergnügungspark Traumland in der Schönholzer Heide

Bereits seit Eröffnung der Berliner Nordbahn 1877 entwickelte sich die Schönholzer Heide zu einem beliebten Ausflugsziel. Das Fliegenfest der Raschmacher und die Schützengilde trugen ebenfalls zur Bekanntheit bei.

Traumland Schönholz 1936
Riesenrad 

Nachdem 1936 der „Luna Park“ in Halensee geschlossen wurde, suchte die Schaustellergemeinschaft einen neuen Festplatz. Überregional bekannt, mit Bahn und Vorstadtwagen gut zu erreichen waren ideale Voraussetzungen. So fiel die Wahl auf die Schönholzer Heide.

Traumland Schönholz 1936
Festplatz Traumland Schönholz

Von der Berliner Schützengilde mietete sich die Schaustellergemeinschaft ein großes Areal für ihren neuen Festplatz. Pankow bekam einen Vergnügungspark, wie ihn Berlin noch nicht gesehen hatte. Das Traumland war geboren.

Traumland Schönholz 1936
Tanz-Pavillon Traumland

Im gleichen Jahr richtete Deutschland die Olympischen Spiele aus. Der Vergnügungspark Traumland war zur Olympiade 1936 der größte seiner Art in Berlin. Die Hauptattraktion war die 18 Meter große Himalaya-Bahn.

Traumland Schönholz 1936
Himalaya-Bahn Schönholz

Weitere Attraktionen waren das Riesenrad, die Wasserrutsche, Tanzpavillons, das Varieté und die Traumstadt Liliput. Das Zurschaustellen von kleinwüchsigen Menschen war damals eine Attraktion. Heute undenkbar.

Traumland Schönholz 1936
Darsteller in Liliput

Legendär für ihre Trinkgelage war die Bayernhalle. Nicht weniger beliebt war die Ochsenbraterei, bei der ganze Ochsen am Spieß gedreht wurden. Getanzt wurde in der Restauration „Thiemanns Festsäle“ an der Straße vor Schönholz.

Traumland Schönholz 1936
Liliputaner Varieté

Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde der Vergnügungspark Traumland von den Nationalsozialisten zum Zwangsarbeiterlager umfunktioniert.

Traumland Schönholz 1936
Traumstadt Liliput

Auf den Fundamenten des Festplatzes wurde ein Barackenlager errichtet, von den Pankowern Luna-Lager genannt.

img_20160623_154952_767.jpg
Zwangsarbeiterinnen vor ihren Baracken im Luna-Lager Schönholzer Heide

Thiemanns Festsäle und das Schloss Schönholz dienten ebenfalls der Unterbringung von Zwangsarbeitern.

img_20160820_235838_448.jpg
Gelände ehem. Traumland in Schönholz

Das Areal des ehemaligen Traumland liegt heute hinter dem Paul Zobel Sportplatz parallel zur Hermann-Hesse-Straße.

Autor: Christian Bormann 18.02.2015
technische Leitung: Nadine Kreimeier
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 10.04.2016

Schönholzer Heide – Das versunkene Heide-Theater

Bis zur Gründung der Kolonie Schönholz war die Heide Teil des Waldgebietes „Schönhauser Fichten“, das Gelände erstreckte sich vom nördlichen Pankeufer im Bürgerpark bis in die Jungfernheide. Nach Ende des 2.Weltkrieges umfasste die Schönholzer Heide noch 35 Hektar. Es erfolgte eine Aufteilung in 3 Areale.

img_20160831_125101_063.jpg
NAW beim Bau der Freilichtbühne, Johanna Hirte (rechts)

So entstand im Rahmen des NAW ein Ehrenhain für 13.200 gefallene Sowjetsoldaten, ein großer Spielplatz mit Rodelbahn und der Volkspark mit Freilichtbühne.

img_20170226_033840_998.jpg
Heide Theater zur Eröffnung 1956

Mit Volkspark und Freilichtbühne wollte die DDR-Regierung an die 1930er Jahre anknüpfen, als sich in der Schönholzer Heide das Traumland, Nachfolger des Lunaparks befand.

img_20160831_124921_565.jpg
Tanzabend nach neuesten Amiga Schallplatten

Besonders beliebt bei den Berlinern war die Ochsenbraterei, bei der ganze Ochsen am Spieß gedreht wurden.

img_20170226_033226_356.jpg
Aufführung im Heide Theater 1959

Zur Ausrichtung der Olympischen Spiele 1936 war das Traumland der größte Vergnügungspark Berlins.

img_20170226_035328_240.jpg
Heide Theater 1957
Zu den Attraktionen gehörten eine Wasserrutsche, Gebirgs- und Geisterbahn, Varietés und eine Freilichtbühne.

img_20160901_003801_389.jpg
Steinabsätze und Geländer Westeingang 2016

Große Gastwirtschaften wie das Oberbayern und das Alt-Berlin waren weit bekannt. Vom einstigen Traumland ist nichts mehr zu sehen. Auch das umgebaute Schloss Schönholz und der Festsaal sind dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen. In die Reste des rückwärtigen Biergartens des Tanzsaals Schloss Schönholz wurde das kleine Freilichttheater gebaut.

img_20160831_233920_563.jpg
Mast für die Licht und Lautsprecheranlage

So sollte in den 1950er Jahren im Rahmen des Nationalen Aufbau Werk (NAW) wieder eine Freilichtbühne entstehen. Wie beim Bau des Pankower Freibades erfolgten die Arbeiten durch Freiwillige.

img_20160831_122710_178.jpg
Eingang Versorgungsräume Luna Lager und Heide Theater
Eine besonders erwähnenswerte Helferin war Johanna Hirte, die mit 81 Jahren auf über 35.000 freiwillig geleistete Arbeitsstunden zurückblicken konnte.

img_20160616_145150.jpg
Nordtreppe 2016

Zur Eröffnung am 17. August 1956 waren alle 2.500 Plätze des Heide-Theaters gefüllt. Besonders beliebt bei den Gästen waren die Tanzabende nach neuesten Amiga-Schallplatten. Solange die Sektorengrenze offen war, lief der Theaterbetrieb gut. Besucher kamen aus Ost und West.

img_20160831_122759_913.jpg
Reste der Bühne 2016

Namhafte Theaterhäuser gaben hier ihr Gastspiel, so das Hans-Otto-Theater Potsdam, der Friedrichstadt Palast, die Staatsoper bis hin zum Kabarett „Die Distel“ und das Erich Weinert Ensemble der Volksarmee. Mit der Schließung der Sektorengrenze fand leider auch der Kulturbetrieb des Heide Theaters ein Ende.

img_20160831_122732_216.jpg
Sockel vom Weberdenkmal 2015

Die Gesellschaft für Sport und Technik nutzte die Anlage noch einige Jahre. Bei Führungen in der Schönholzer Heide berichteten Zeitzeugen davon, wie die Betonstelen der Bühnenreste zum Zielwerfen für Übungsgranaten benutzt wurden.

img_20170226_043739_303.jpg
Carl Maria von Weber

Der zweite kleinere Sockel ist der letzte Rest von Schloss Schönholz. Auf ihm stand ein in Stein gehauener Schützenpokal.

img_20160831_233821_165.jpg
fehlende Figur Südseite

Das endgültige Aus für das ehemalige Heide Theater soll die Verbrennung einer DDR-Staatsflagge gewesen sein. Heute gleicht die einstige Freilichtbühne einem versunkenen Märchenort.

img_20160831_234050_481.jpg
Treppenaufgang Süd mit Ziermauer

An den Betonsäulen, die den Wegrand säumen, lässt sich noch die Rückseite der Bühne erkennen. Dahinter liegt vertieft der Zuschauerplatz, unter einem Meter Erdreich verschüttet. Treppen und Geländer sind zu erkennen, die im Boden verschwinden.

img_20160831_122628_316.jpg
Tanzfläche des Heide Theater 2016

Ringsum stehen die alten Masten der Licht- und Lautsprecheranlage. Hinter Büschen und Bäumen findet der aufmerksame Beobachter verzierte Steinabsätze.

img_20160831_234525_147.jpg
Reste der Südmauer 2016

Unter alten Fundamentbrocken lässt sich noch der Zugang zu den unterirdischen Versorgungsräumen des Theaters finden. Diese stammen noch aus der Zeit des Luna-Lagers für Zwangsarbeiter.

Das versunkene Heide-Theater

Autor: Christian Bormann, 26.02.2017

technische Leitung: Nadine Kreimeier

Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 06.02.2016/26.02.2017

Bilder: J.Mach/Freundeskreis der Chronik Pankow eV, Christian Bormann, hist.Zeitung,