Schlagwort-Archive: Fund

Die Maskenfibel von Niederschönhausen und der Goldene Brakteat von Rosenthal

Es war im Jahr 1890, als bei Planierarbeiten in der Nähe des Gutes Rosenthal (wobei Nähe als örtliche Beschreibung relativ ist) in der Niederung zwischen Rosenthal, Buchholz, Blankenfelde und Niederschönhausen drei Körpergräber aus der Latène-Zeit gefunden wurden. Der Begriff Latène beschreibt vereinfacht gesagt die Epoche der jüngeren vorrömischen Eisenzeit in Teilen Europas vom 5 Jh. v. Chr. bis Chr. Geburt. Skelett 2 und 3 lagen etwa 45 Meter auseinander. Die Knochenreste waren in einem schlechten Zustand und wurden achtlos beiseite geräumt. Das dritte Skelett wurde laut den Aufzeichnungen auf Anweisung des Amtsvorstehers von Schildow auseinandergerissen und wieder vergraben. Die Ausrichtung der drei in 1,20 Meter tief begraben Skelette wurde nicht erfasst.

Kleine Talsenke bei Blankenfelde u. Rosenthal, ebenfalls bekannt als wüste Dorfstelle zwischen Rosenthal und Blankenfelde, Foto Juli 2021

Skelett 1 und 2 waren ohne Beigaben, wobei auf Skelett 2 deutlich grüne Bronzespuren zu erkennen waren. Die Beigaben selbst waren nicht mehr erhalten, das Geschlecht aber aufgrund der Knochen auf weiblich festfelegt. Das Geschlecht von Skelett 3 konnte mit Hilfe der Grabbeigaben als weiblich bestimmt werden. In Brusthöhe waren ein goldener Brakteat und eine vergoldete Silberfibel erhalten geblieben. Fundstück (a), die vergoldete Silberfibel, ist 4,4 Zentimeter lang, hat eine aufgeklappte Kopfplatte und einen schwalbenschwanzartigen Fuß. An den Enden befinden sich zwei Fassungen, in denen ursprünglich Steine eingelegt waren. Der Fibelflügel ist mit Kerben verziert.

Beifund (a) Silberfibel und (b) goldener Brakteat aus den Körpergräbern, Abbildungen Berliner Jahrbuch zur Ur- und Frühgeschichte, 1962

Fundstück (b) ist der goldene Brakteat. Ein Brakteat ist eine getriebene Münze oder eine Medaille. Der goldene Brakteat von Rosenthal ist mit einem Perlenrand und einer Öse versehen. Hergestellt in Treibtechnik ist eine stilisierte menschliche Figur auf einem Pferd zu sehen. Ein Arm hält die Zügel, der andere ist hoch gestreckt. Die Freiräume sind mit Ornamenten verziert.

Fundstück Maskenfibel von Niederschönhausen, Latène 5. Jh. v. Chr.

Bei der berühmten Maskenfibel von Niederschönhausen handelt es sich ebenfalls um eine Fibel, aber aus Bronze. Datiert ist sie auf das 5. Jh. v. Chr. Es handelt sich hier um eine Gewandspange, auf der zwei einander abgewandte menschliche Gesichter zu sehen sind, der abgebogene Fuß ist als Widderkopf ausgestaltet. Diese sogenannten Maskenfibeln aus der Latènezeit waren räumlich vom Mittelrhein bis Nordböhmen zu finden. Funde ihrer Art sind außerhalb des Keltengebiets äußerst selten.

Bronzefibel von Niederschönhausen, Latènestil 5. Jh. v. Chr., Foto 1900 bis 1940

Vermutet wird, dass die Maskenfibel soweit nördlich des Keltengebiets als Geschenk oder Handelsgut bis auf das Gebiet des heutigen Niederschönhausen kam.

Autor: Christian Bormann

Red. Bearbeitung: Martina Krüger

Bilder: Christian Bormann, Museum für Ur- und Frühgeschichte, Berliner Jahrbuch zur Ur- und Frühgeschichte, Aufzeichnungen Ernst Kikebusch

Quellen: Berliner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte 1962, Berliner Ur- und Frühgeschichte Märkisches Museum, Preußischer Kulturbesitz- Museum für Ur- und Frühgeschichte Berlin

Die Steinschlosspistole von Blankenfelde

Anfang Juli 2017 erhielt ich mal wieder unverhofft eine Fundmeldung. Ein guter Freund aus Blankenfelde sendete mir ein Foto. Darauf zu sehen war eine verwitterte Steinschlosspistole.

Pankow Blankenfelde und Heidekrautbahn  2017

Bei Schachtarbeiten auf einem Privatgrundstück in Blankenfelde wurde diese über 200 Jahre alte, und für einen Bodenfund aus jener Zeit gut erhaltene Pistole geborgen. Es ist eine sehr einfache Form einer Steinschlosspistole um 1780 bis 1820.

Steinschlosspistole aus Blankenfelde

Beim Verlegen von neuen Rohrleitungen in etwa 80 cm Tiefe kam die Pistole im Aushub ans Tageslicht. Die Zeit im Boden hat ihre Spuren hinterlassen. Die ursprünglich etwa 23 cm lange Faustfeuerwaffe besteht nur noch aus ihrem Metallkörper. Das hölzerne Griffstück und die Einschalung am Lauf sind schon wieder zu Erde geworden.

Fund 2017 in Blankenfelde

Die Fundumstände, Tiefe sowie fehlende Beifunde lassen vermuten das es sich hier nicht um ein verlorenes Stück handelt. Die Pistole wurde wohl ganz bewusst tief vergraben, ohne die Absicht, sie später wieder bergen zu wollen. Funde solcher historischer Waffen sind heutzutage in Pankow äußerst selten. Weltkriegswaffen hingegegen werden noch regelmäßig bei Erdarbeiten entdeckt. Die besten Beispiele sind das Ende Juli 2017 entdeckte Landserdepot nahe der Berliner Straße oder der Karabinerfund 2016 in Schönholz.

Karabiner, Helm, Patronentasche Zwangsarbeiterlager „Lunalager“ Schönholz 2016

Im Jahr 2014 habe ich in der Schönholzer Heide mit Nadine Kreimeier eine Muskete von 1640 geborgen. Nachdem ich die Radschlossmuskete bestimmt und dem Amt für Denkmalschutz und Archäologie gemeldet hatte, schenkte ich das gute Stück dem Museum Pankow.

Muskete von Schönholz am Fundort 2014

Der sogenannte Jagdstutzen wird dieses Jahr gleich in zwei Ausstellungen gezeigt. Als Bildmaterial ist er in der Ausstellung „Geschichte der Schönholzer Heide“ im Brosehaus noch bis November zu sehen.

Katalogbild Objektdatenbank Museum Pankow 2016

Die Steinschlosspistole wird ihr Zuhause vermutlich auch im Museum Pankow finden. Und so werden in den nächsten Jahren, so hoffe ich, noch viele weitere solcher kleinen Fundstücke ihren Weg zu mir und dann ins Museum finden.

Ausstellung 2017 „Die Geschichte der Schönholzer Heide“

Dieses Jahr erreichten uns schon gut zwei Dutzend Fundmeldungen. Nicht jeder Fund gibt eine Geschichte her oder eignet sich für ein Museum. Wir wollen Sie dennoch ermutigen, melden Sie uns vertraulich ihre Zufallsfunde.

Autor: Christian Bormann, 01.08.2017

red. Bearbeitung: Martina Krüger, 31.07.2017

Fotos: Christian Bormann, Guido Kunze, Museum Pankow,

Landserdepot in Pankow entdeckt

Am 23. April 1945 gelangten Sowjetische Truppen bis an die Berliner Straße. Große Teile von Pankow waren eingenommen. Ausnahmen waren der Bahnhof Wollankstraße, der sich 2 Tage länger hielt und die Ecke Neumannstraße, Hallandstraße, um die bis zum Waffenstillstand am 2. Mai 1945 erbittert gekämpft wurde.

mobiler Raketenwerfer vor dem Kino Toni Weißensee, beschossen wird der Alexanderplatz April 1945

Neumannstraße Ecke Hallandstraße standen sechs Geschütze, die vom Landsturm bedient wurden. Es waren 15, 16 und 18 Jährige Jugendliche, von denen die meisten durch Fliegerangriffe getötet wurden. Sie wurden in Notgräbern und später auf dem Friedhof VI in Schönholz beerdigt. Auch Flüchtlinge, die in Pankow Zuflucht gesucht hatten und Ausgebombte befanden sich unter den Opfern der Fliegerangriffe und letzten Gefechte.

Landserstellung 1945

Als Notbegräbnisplatz dienten in den letzten Kriegsmonaten die Grünfläche Dietzgenstraße Ecke Beuthstraße, Waldstraße/Altenberger Weg, Schlosspark, Kissingensportplatz, Botanischer Volkspark Blankenfelde, sowie zahlreiche weitere unbetonierte Freiflächen in Parks und Vorgärten.

Pankow Depotfund letzte Frontlinie Juli 2017

Auch heute werden hin und wieder vergessene, oder damals in der Not unzureichend dokumentierte Notgräber gefunden. Im städtischen Raum sind solche Funde weitaus seltener als auf Wiesen und in Wäldern vor den Toren Berlins.

Öffnung des Depot durch Munitionsbergungs Firma

Genauso selten sind heute auch Depotfunde aus den letzten Kriegstagen. Ein solches Depot fand sich Ende Juli unmittelbar an der letzten Frontlinie unweit der Berliner Straße bei Bauarbeiten in Pankow.

Fundstücke aus dem Depot

„Ein Landser legt ab“. So lässt sich die Fundsituation wohl am besten beschreiben. Auf einem unbebauten Eckgrundstück nahe der Berliner Straße erfolgten kleinere Erdarbeiten. Das verwilderte Areal wurde mit Hilfe eines Baggers bis auf den Mutterboden von der Grasnarbe befreit. Beim Abziehen der bewachsenen Schicht kam ein über 70 Jahre altes Landserdepot zum Vorschein.

Stahlhelm

Eine Firma zur Munitionsbergung rückte an. Was dann zum Vorschein kam war schon allerhand. Ganze zwei Tage war die Bergungsfirma mit der Beräumung beschäftigt. Es handelte sich offenbar um einen einzelnen Landser in einer Stellung. Auf die Stellung wiesen die Begleitfunde hin. Waschschüssel, Kaffeekanne und Feldgeschirr sowie tierische Knochenreste und ein halbes Dutzend Weinflaschen.

Ring und weitere Fundstücke

Neben dem abgelegten Stahlhelm, Stiefeln, dem Ring, und die Winterhilfswerkabzeichen, Spielzeugfiguren und anderen persönlichen Dingen wurden zwei Panzerfäuste und russische Granaten geborgen.

Abzeichen und Spielfiguren

Die zwei Panzerfäuste und russischen Granaten, sowie der Gesamtfundumstand weisen darauf hin, dass hier tatsächlich ein einzelner Landser zur Panzerabwehr aushielt. Die Abschussrichtungen entsprechen der letzten Frontlinie durch Pankow bis zum 2. Mai 1945.

Ring und Abzeichen

Das Depot befand sich in einem zugeschütteten Bombentrichter. Ich kannte das verwilderte Grundstück schon als Schüler, es lag unmittelbar auf dem Weg zur Schule. Ich habe mir den den Fundplatz und die Begleitfunde Samstag nochmal genau angeschaut. Wenn der Fund an dieser Stelle auch höchst selten war, so ist doch die Fundsituation des Landserdepots geradezu eine Klassische.

Stiefel, Eimer und weiter Utensilien

Eingekesselt und ohne Aussicht auf heiles entkommen „hat der Landser abgelegt“ Alles militärische und die Hinweise auf die Panzerabwehrstellung wurden verscharrt, um im Gewand eines Zivilisten die Überlebenschancen bei Feindkontakt zu erhöhen.

unter Anderem Feldgeschirr, Kaffeekanne,Waschschüssel und Wassereimer

Ältere Pankower erinnern sich noch an den eingegrabenen Panzer an der Pankower Kirche. Wer in den Nachkriegsmonaten bei Schmidt-Hutten tanzen wollte, bezahlte den Eintritt üblicherweise mit Kohle in Stücken. Pankow erholte sich verhältnismäßig schnell von seinen Bombenschäden. Die Kultur des Bezirkes tat es nie wieder.

Diese kleine Geschichte ist wohl ganz in deinem Sinne. Also soll sie auch deine sein Manne.

Autor: Christian Bormann, 27.07.2017

red.Bearbeitung: Martina Krüger, 28.07.2017

Bilder: Christian Bormann, Privat, Bundesarchiv

Der kleine Becher vom Kreuzgraben

Mein letzter Fund lag schon ein gutes Jahr zurück. Damals fand ich mit Nadine Kreimeier eine Muskete von 1640 in der Schönholzer Heide. Nach der Fundmeldung wurde das gute Stück von Dr. Uwe Michas, dem Leiter für archäologische Ausgrabungen in Berlin als Jägerstutzen bestimmt.

img_20170306_085013_883.jpg
Karte von Berlin und Umland um 1860
Wir verschenkten das Fundstück dann an das Museum Pankow in der Prenzlauer Allee. Im August 2015 war es endlich wieder soweit. Wer mich kennt, der weiß, dass ich an keiner Erdbaustelle vorbeigehen kann, ohne gleich reinzuspringen, oder mir wenigstens den Erdaushub anzuschauen.

img_20170305_211705_125.jpg
Muskete von Schönholz / richtige Bezeichnung Jägerstutzen
Entlang der oberen Dietzgenstraße wurden die alten Gehwege für Schachtarbeiten geöffnet. Ausser einigen Knochenfragmenten und neuzeitlichen Scherben war nichts zu finden.

img_20170306_093127_851.jpg
Fundort 1.5 Meter tief, Eichen Ecke Dietzgenstraße

Das Areal war geschichtlich auch recht übersichtlich. Bis 1802 lagen auf diesem Gebiet die Ackerflächen des Bauern Kraft. Hier lebten dann Madame Fetschow in ihrem Holländerhaus und ab 1850 der Kunstschlosser Hauschild keine 60 Meter vom Fundplatz entfernt. Auf der anderen Straßenseite gestaltete sich Brose seinen heute nach ihm benannten Brosepark.

img_20170306_101844_292.jpg
mittelalterlicher Töpferofen, liegend

Die Erdarbeiten waren so gut wie beendet. Die Schächte entlang der Dietzgenstraße waren wieder verfüllt und die Pflasterdecke wieder geschlossen. Übrig war nur ein kleiner ca. 3 Meter langer Erdschacht unter meinem Balkon.

img_20170306_085123_197.jpg
Halbsteinzeug / Braunware

Es war schon dunkel, als ich mit meinem Hund das Haus verließ. Beim routinemäßigen Blick sah ich, dass etwas die Straßenbeleuchtung reflektierte.

img_20170306_085259_122.jpg
Becher vom Kreuzgraben

Kurzerhand kletterte ich in den Schacht. Die Freude war groß, als sich die von mir erwartete Scherbe beim herausziehen als ganzer Becher entpuppte. Es war ein Keramikbecher aus Halbsteinzeug, auch bekannt als Braunware. Wie schon zuvor bei der Muskete aus Schönholz setzte ich mich mit dem Landesamt für Denkmalschutz und Archäologie in Verbindung, um den Fund zu melden.

img_20170306_085152_212.jpg
Fund vom Kreuzgraben Dietzgenstraße 2015

Keine 24 Stunden später erhielt ich bereits eine Antwort. Und so hieß es, Zitat Dr. Uwe Michas: „Sehr geehrter Herr Bormann, danke für die Information. Ich werde eine Fundplatznummer vergeben. Diese Gefäße stammen überwiegend aus dem 19. Jahrhundert, waren weit verbreitet und wurden in größeren Mengen hergestellt. Sie wurden für alles mögliche benutzt, von Schuhcreme bis Weichkäse, bis sie von anderen Materialien abgelöst wurden.“

Den Becher vom Kreuzgraben werde ich ebenfalls dem Museum Pankow schenken. Wenn es sich auch nicht um einen spektakulären Fund handelt, so freue ich mich dennoch sehr über die Vergabe einer Fundplatznummer. Wenn ich jetzt von meinem Balkon schaue, sehe ich nicht nur auf meinen Lieblingsitaliener „Trattoria Pasta degli Angeli“, sondern auch auf einen offiziellen archäologischen Fundplatz.

Autor: Christian Bormann 05.11.2015 / 06.03.2017
Redaktionelle Bearbeitung: Martina Krüger, 31.03.2016 / 06.03.2017

Bilder:1,3,Bormann/2,Mittelalterliche Keramik-Märkisches Museum Berlin